Forderung nach „Fünf-Punkte-Pakt“ für soziale Sicherheit und gegen „sozialen Klimawandel“ – Asyl-Verweigerung für Geschleppte „unanständig“
Wien – Caritas-Präsident Michael Landau ortet „Empathie-Defizite“ in der Regierung. „Wichtiger als neuer Stil ist guter Stil“, resümierte er nach einem Jahr Türkis-Blau im Bund. Maßnahmen wie die Kürzung der Mindestsicherung gingen an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Stattdessen forderte er einen „Fünf-Punkte-Pakt“ für soziale Sicherheit und gegen den „sozialen Klimawandel“. „Mit Sorge beobachten wir einen Klimawandel in unserem Land“, blickt Landau auf das vergangene Jahr zurück. „Der Ton wird rauer, das Klima kälter.“ Über Menschen in Not werde abschätzig gesprochen, „ich habe den Eindruck, hier ist der gesellschaftliche Wertekompass ein Stück weit abhandengekommen oder verrutscht“.
Armutsbekämpfung: An die Bundesregierung und das Parlament appelliert Landau daher, die Reform der Mindestsicherung noch einmal zu überdenken, denn: „Dass hier ausgerechnet bei klassischen Familien gekürzt werden soll, ist aus Sicht der Caritas nicht nachvollziehbar.“ Es dürfe weder zu einem Anstieg der Kinderarmut, noch der Altersarmut kommen. „Hier erwarte ich mir von der Bundesregierung das unmissverständliche Versprechen: Kein Hartz IV in Österreich.“ Ein neues Gesetz zur Mindestsicherung darf für den Caritas-Präsidenten nicht an Ideologien Maß nehmen. „Ich habe den Eindruck, die Bundesregierung ist hier erstaunlich weit weg von der Lebensrealität armutsbetroffener Menschen. Da gibt es schwere Empathie-Defizite in diesem Bereich“, findet Landau.
Pflege, Miete, Beschäftigung: Der „Fünf-Punkte-Pakt“ betrifft auch die Pflege. Die angekündigte parlamentarische Enquete begrüßt Landau. Es gehe aber auch um langfristige Lösungen: „Eine Reform des Pflegegeldes, die Entlastung der pflegenden Angehörigen, mehr Hilfe bei demenziellen Erkrankungen, all das sind zentrale Themen.“ Auch eine Mietrechtsreform ist Landau ein Anliegen. „Wenn sich junge Menschen im Land der Häuslbauer ihre Mieten nicht mehr leisten können herrscht dringender Handlungsbedarf.“ Ein weiterer Punkt betrifft die Beschäftigung. „Die Menschen in unserem Land brauchen Arbeit, von der sie leben können. Arbeit ist ein Menschenrecht“, meint Landau. So gehe die Arbeitslosigkeit zwar zurück, sei aber nach wie vor viel zu hoch. „Aus meiner Sicht leistet das AMS hier eine wertvolle und gute Arbeit. Aber ich hielte es für sinnvoll, die Sozialversicherungsbeiträge bei niedrigen Einkommen zu senken. Das heißt, den Dienstnehmeranteil fallen zu lassen“, schlägt der Caritas-Präsident vor.
Asyl und Integration: Außerdem ärgert die Caritas der Umgang mit Asylwerbern. Flüchtlingen, die durch Schlepper nach Europa gelangt sind, kein Asyl zu gewähren, ist für Präsident Michael Landau unanständig. Ohne faire Verfahren zwinge die Regierung Menschen in die Hände der Schlepper und wolle sie zugleich dafür bestrafen, sagte er im APA-Interview. „Wer in Europa Schutz sucht, muss diesen Schutz finden können, und die Grenzen Europas dürfen keine Grenzen des Todes sein“, lautet Landaus Standpunkt. „Im Gegenzug erwarte ich von Schutzsuchenden die Bereitschaft, sich einzugliedern und sich an die Gesetze zu halten. Das sind aus meiner Sicht klare Spielregeln.“ Ebenso müsse aber auch klar sein, dass Flucht kein Verbrechen und ein Generalverdacht gegen schutzsuchende Menschen eine Missachtung der Menschwürde sei. Wer Schleppern das Handwerk legen will, müsse die Hilfe vor Ort ausweiten und legale Wege, wie Resettlement, auch umsetzen. „Die Bundesregierung ist hier die Ergebnisse schuldig geblieben“, verweist der Caritas-Präsident auf das Koalitionsabkommen. „Wenn die Bundesregierung Menschen, die auf verzweifelter Herbergssuche sind und vor Krieg und Verfolgung fliehen, nicht mehr helfen und keinen Schutz mehr gewähren will, wäre es zumindest ehrlicher, das offen zuzugeben.“ Im Zuge von Verhaltensregeln Asylwerber in Quartieren festzuhalten ist für Landau kein gangbarer Weg. „Hausordnungen sind sinnvoll, deshalb gibt es sie schon heute in allen unseren Einrichtungen“, meint er dazu. „Und gerade wo es um Jugendliche geht, halte ich es für ganz wichtig, dass die Caritas, wie auch das Rote Kreuz, wie auch SOS Kinderdorf sich genau an die Bestimmungen des Jugendschutzes der jeweiligen Länder halten. Das tun wir selbstverständlich.“
Diözese Gurk: Die Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds ist für ihn wiederum erfreulich und ein positives Zeichen. Und ganz allgemein in Hinblick auf den Heiligen Abend: „Wenn ich an Weihnachten denke, wünsche ich mir, neben dem Weihnachtsfrieden auch den sozialen Frieden in Österreich zu sichern.“ Diesen Frieden wünscht sich Landau auch für die Diözese Gurk-Klagenfurt, wo Salzburgs Erzbischof als Apostolischer Visitator die Vorwürfe gegen den einstigen Diözesanbischof Alois Schwarz klären soll. „Diese ehrliche Klärung wäre auch aus meiner Sicht wichtig, weil es hier um Transparenz und Vertrauen geht, die auch in der Kirche unerlässlich sind“, wünscht sich der Caritas-Präsident. (APA, 23.12.2018)
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