Dies & Das: Wer finanziert eigentlich die Caritas?6.1.2019

KATHARINA MITTELSTAEDT 6. Jänner 2019, 18:00

Die FPÖ wirft der Hilfsorganisation Profitgier und Bereicherung an der „Asylindustrie“ vor. Dabei übernimmt die Caritas Aufgaben für den Staat

Der Priester und Caritas-Präsident Michael Landau hat am Tag vor Weihnachten einen ziemlichen Shitstorm losgetreten. Eigentlich wollte er nur darauf hinweisen, dass er die geplanten Kürzungen der Mindestsicherung für falsch halte. In einem Interview mit der Austria Presseagentur attestierte er der türkis-blauen Bundesregierung deshalb ein „Empathiedefizit“. Landau erlebe, wie der Ton immer rauer und das soziale Klima im Land immer kälter werde, erklärte er. Mehr hat es nicht gebraucht.


FPÖ spricht von „Asylindustrie“

Postwendend flogen ihm die rauen Töne selbst um die Ohren: FPÖ-Klubchef Johann Gudenus unterstellte ihm „Profitgier“ im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbetreuung der Caritas. Der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker legte nach: Die Hilfsorganisation sorge sich doch bloß um ihren „finanziellen Kuchen an der Asylindustrie“.


foto: apa/hans klaus techt
Sebastian Kurz und Michael Landau beim Winterfest des Kanzlers.

Bis heute liefern sich FPÖ und Verteidiger der Caritas nun einen Schlagabtausch. Sogar Kardinal Christoph Schönborn bezog Stellung und rügte die Regierungspartei. Am Samstag mischte sich dann auch noch ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler ein. Sie rief nicht nur die Freiheitlichen, sondern – zur Überraschung vieler in den sozialen Netzwerken – auch den Geistlichen Landau zur Mäßigung auf. Man fragt sich: Wie konnte aus dieser Mücke so ein Elefant werden?


Willkommensklatscher

Für die Freiheitlichen ist die Caritas seit langem ein rotes Tuch. Die Hilfsorganisation der katholischen Kirche betreibt Asylquartiere, hat Beratungsstellen für Flüchtlinge und organisiert Lerncafés für Buben und Mädchen mit Migrationshintergrund. Die Sparte Flucht und Integration ist dabei nur einer von vielen Bereichen, in denen die Caritas tätig ist. Vertreter der FPÖ beschränken die Organisation dennoch meist auf das eine Thema – für sie, das wird in Äußerungen regelmäßig deutlich, besteht die Caritas aus linken Gutmenschen und Willkommensklatschern.

Die FPÖ will die Flüchtlingsbetreuung deshalb auch Standardisieren und ganz in staatliche Hand holen – unter Kontrolle des Innenministeriums. Im Regierungsprogramm ist eine „Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen“ vorgesehen. Im Vorjahr hieß es, dass die Vorbereitungen für die neue Agentur laufen. Der gesetzliche Rahmen dafür soll dieses Jahr festgelegt werden.


Not sehen und handeln

Seitens der kirchlichen Hilfseinrichtung wurden aber auch immer wieder die Wortwahl und Taten der Freiheitlichen kritisiert. Caritas-Wien-Chef Klaus Schwertner bezeichnete das mit Stacheldraht umzäunte Flüchtlingsquartier in Drasenhofen, das der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl verantwortet, kürzlich als „Schandfleck für Österreich“ – und half dabei, die jungen Asylwerber in Unterkünfte der Caritas zu übersiedeln.

„Unser Kernauftrag lautet: Not sehen und handeln“, sagt Margit Draxl, Sprecherin des Dachverbands der neun Landesorganisationen der Caritas. „Wir treten für jene ein, die nicht selbst dazu in der Lage sind“, umreißt sie das Profil des Hilfsvereins.

Aber was macht die Caritas nun eigentlich konkret? Und wie finanziert sie sich?


Zwei Drittel öffentliche Gelder

Den Großteil ihres Geldes bekommt die Non-Profit-Organisation vom Staat selbst. Laut dem aktuellsten Jahresbericht von 2017 bezieht die Caritas fast zwei Drittel ihres Budgets aus öffentlichen Mitteln. Sie betreibt damit etwa Pflegeheime, Hospize oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, übernimmt also staatliche Aufgaben – und bekommt dafür eben ein Entgelt. Fast die Hälfte der rund 16.000 hauptamtlichen Mitarbeiter der Caritas arbeitet im Bereich Pflege.

Ähnlich wie diese Pflegeeinrichtungen wurden viele (inzwischen geschlossene) Notunterkünfte für Flüchtlinge organisiert: NGOs haben die staatliche Aufgabe der Flüchtlingsversorgung übernommen und dafür Geld bekommen – so auch die Caritas. Gerade in diesem Bereich haben sich zahlreiche freiwillige Helfer engagiert. Insgesamt sind für die Caritas in ganz Österreich rund 50.000 Freiwillige aktiv.


Spenden bloß geringer Anteil

Die Caritas arbeitet nicht profitorientiert, macht also keinen Gewinn. Ihre Umsätze werden in soziale Projekte investiert. 2017 betrugen die Aufwendungen aller Leistungsbereiche der Caritas über 900 Millionen Euro. Davon flossen mehr als 280 Millionen Euro in die Sparte Pflege und Hospiz und jeweils rund 190 Millionen Euro in die Versorgung von Menschen mit Behinderung sowie die Versorgung von Flüchtlingen und Migranten.

Spenden machen übrigens nur einen verhältnismäßig geringen Teil der Einnahmen der Caritas aus: Sie stellen lediglich etwas mehr als acht Prozent der Gesamtfinanzierung. (Katharina Mittelstaedt, 6.1.2019)


Mehr zum Thema

FPÖ gegen Caritas: Das Reich des Bösen

Einserkastl: Ohne die NGOs wäre die Regierung 2015 erledigt gewesen

FPÖ legt bei Caritas-Kritik nach und spricht von „Asylindustrie“

Caritas-Präsident Landau ortet „Empathie-Defizite“ in der Regierung

Porträt Caritas-Wien-Chef Klaus Schwertner: Der Troll der Menschlichkeit

Porträt Caritas-Wien-Chef Klaus Schwertner: Der Troll der Menschlichkeit

Ihr Link zum Artikel und zu den Leserbriefen: https://derstandard.at/2000095513975/Wer-finanziert-eigentlich-die-Caritas