Biodiversität unter den Wildbienen
Währenddem die Honigbienen domestiziert und unter dem Zutun von Imkern leben, gibt es in der Schweiz mehr als 600 wildlebende Bienen-Arten. Weltweit sind es sogar über 17’000.
Ein Grossteil dieser Arten lebt solitär, also nicht wie die Honigbienen in einem Volk mit einer Königin und einer klaren Aufgabenteilung. Während die Honigbiene auf den Rest ihres Volkes angewiesen ist und sich die Arbeit mit bis zu 50’000 weiteren Individuen teilt, sind die meisten Wildbienen Einzelkämpferinnen.
Wildbienen sind wahre Heldinnen. Es ist faszinierend, was diese Tiere für ihre Arterhaltung leisten.
Claudia Ebling
WildbienenfreundinDas kurze Leben der Wildbiene besteht hauptsächlich aus arbeiten. Sie baut ein Nest, legt Eier und füttert ihre Jungen mit Pollen. Alles mit dem Ziel, die nächste Generation zu sichern.
Können Wildbienen stechen?
Zwar haben Wildbienen-Weibchen einen kleinen Stachel, um einen Menschen stechen zu können, müssten sie jedoch eine ganz dünne Hautstelle treffen. Wäre dies der Fall, würde ein Wildbienen-Stich nicht mehr weh tun als die Berührung einer Brennnessel. Im Normalfall stechen Wildbienen aber nicht.
Unverzichtbare Bestäuber
Genauso wie die Honigbienen sind ihre wildlebenden Verwandten neben Schmetterlingen, Schwebfliegen und Käfern wichtige Bestäuber. Etwa 80 Prozent der Blütenpflanzen werden durch Insekten bestäubt, indem sie Pollen von Blüte zu Blüte tragen. Ohne diese Bestäubung würde kein Obst, keine Beere und kein Gemüse wachsen. In China werden Obstbäume aufgrund des Bienensterbens teilweise schon heute von Hand bestäubt.
Während die Honigbienen noch in ihrem Stock rumsitzt, sind viele Wildbienen-Arten bereits unterwegs.
Claudia Ebling
Wildbienenfreundin
Als Individuum ist die Wildbiene eine viel effizientere Bestäuberin als die Honigbiene. Während diese bei Temperaturen unter zehn bis zwölf Grad ihren Stock nicht verlässt, sammeln die meisten Wildbienen bereits bei deutlich tieferen Temperaturen und schlechterem Wetter fleissig Pollen und Nektar.
Viele Wildbienen-Arten sind somit bereits früh im Jahr aktive Bestäuber. Besonders kälteresistent ist die gehörnte Mauerbiene. Diese kann schon bei Temperaturen von vier bis sechs Grad bei der Nahrungssuche beobachtet werden.
Wie es unseren wilden Bienen geht
Fast die Hälfte der in der Schweiz heimischen Wildbienen-Arten ist bedroht. Hauptursachen für die Abnahme von Wildbienen sind der Rückgang der Menge und Vielfalt von Blüten sowie der Verlust von natürlichen Lebensräumen. Wildbienen finden zu wenig Nahrung, und es fehlen ihnen überlebenswichtige Strukturen wie Nistplätze. Zudem haben Pestizide schädliche Auswirkungen.
Alles was ich in meinem Garten tue, tue ich für die Insekten. Sie sind die Basis. Viele weitere Tiere kommen dann gratis dazu. So zum Beispiel diverse Vogel-Arten, die sich von Insekten ernähren.
Claudia Ebling
WildbienenfreundinViele Wildbienen-Arten fühlen sich wohl im Siedlungsraum und können mit einfachen Massnahmen im Garten oder auf dem Balkon unterstützt werden. Wichtig ist nicht nur ein Platz zum Schlafen und Nisten, sondern vor allem auch Nahrung. Denn was wäre schon ein Hotelzimmer ohne ein reich gedecktes Frühstücksbuffet? Zwar können Wildbienen zwischen Nest und Nahrungsquelle eine Distanz von bis zu 300 Metern zurücklegen, je näher die beiden Orte jedoch zusammen liegen, desto mehr Bienenlarven kann die Bienen-Mama versorgen.
Die Wildbiene- ein Video
Um Pflanzen zu bestäuben, setzen Landwirtschaftsbetriebe vermehrt auf Wildbienen – eine Win-win-Situation. Das Problem des Bienensterbens ist damit aber nicht gelöst.
Wo Wildbienen helfen – und wo nicht
Sie ist flink, fleissig und vor allem robust: Die Mauerbiene ist eine Wildbienenart, die auf Bauernhöfen gut ankommt. Landwirte greifen gerne auf ihre Hilfe zurück, um ihre Pflanzen zu bestäuben. Sie sichern sich damit ihre Ernte und auch ihre Existenz.
Je nach Wetterlage beginnt diese Biene bereits Mitte März mit der Bestäubung. Sie scheut weder tiefe Temperaturen noch Wind und Wetter.
Laut Biologe Thomas Strobl bietet die Wildbiene einen weiteren grossen Vorteil: Sie kann sie sich sehr gut vor pestizidhaltigen Substanzen schützen.
Wenn sie erkennt, dass etwas Schädliches gespritzt wird, flüchtet sie sofort. Studien zeigen zudem auf, dass sie eine höhere Toleranz gegenüber gewissen pestizidhaltigen Stoffen hat. All dies spricht für den Einsatz der Mauerbienen im Landwirtschaftsbetrieb.
Kein Ersatz für die Honigbiene
Ist der Einsatz von Mauerbienen also die Lösung für das rätselhafte weltweite Bienensterben der letzten Jahrzehnte? Nein, sagen Imker: Die Mauerbiene ist kein Ersatz für Honigbienen. Sie stellt als reine Bestäuberin keinen Honig her.
Honigbienen dagegen sind weniger robust und deshalb stärker vom Bienensterben betroffen. Obwohl die Gründe dafür noch nicht restlos geklärt sind, kritisieren Imker, dass nach wie vor giftige Substanzen im Umlauf seien, welche über den Boden in die Blüten und Pollen gelangen würden.
Steigende Lebensmittelpreise und Ernährungsprobleme
Mauerbienen weisen als Spezies zudem einen weiteren Überlebensvorteil aus: Sie bauen ihre Nester alleine und leben nicht im Superorganismus wie ihre honigproduzierenden Artgenossinnen. Ist eine Biene einem Pestizid ausgesetzt, stirbt nicht gleich ein ganzes Volk.
Mauerbienen können also Bauern beim Bestäuben helfen, ersetzen die Honigbienen aber nicht. Wird in Sachen Bienensterben keine Lösung gefunden, wird die Gesellschaft in Zukunft wohl mit grossen Problemen konfrontiert werden.
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