Dies & Das: Schuld sind rote Beamte

Bisher galt Österreichs Beamtenschaft als grundsätzlich loyal

KOLUMNE GÜNTER TRAXLER 

26. Juli 2019 – 376 Postings

Strache auf Ibiza, Kurz im Silikon-Tal, aber hier ist es auch ganz schön. Für die vielen Ungereimtheiten, deren sich Mitarbeiter der Organisation Kurz bisher befleißigten, um Werbung für die Firma Reisswolf zu machen, gibt es nur eine Erklärung, die alle Widersprüche glatt auflöst. Und Karl Nehammer, Chef der türkisen Gegenspionage, war in seinem erbarmungswürdigen Auftritt bei Armin Wolf nahe daran, sie zu enthüllen, als er unter Berufung auf Wladimir Iljitsch Lenin – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – die Notwendigkeit von Datenvernichtung mit der bedauerlichen Existenz roter Beamter im Kanzleramt begründete.

Aber eben nur nahe daran, denn auf den gefährlichsten Feind türkiser Regierungskunst ging er nur am Rande ein statt offen einzugestehen: Goldfinger Silberstein war es gelungen, einen Agenten mit der Lizenz zum Schreddern als Schläfer in die Umgebung von Kurz einzuschleusen, wo er es rasch zum Social-Media-Beauftragten bringt. Aktiviert zum kritischen Zeitpunkt zwischen erstem Misstrauen gegen Türkis-Blau und dessen Umsetzung, schlägt er zu. Er lässt sich ablichten, wie er bei Reisswolf fünf Festplatten aus dem Eigentum der Republik unter seinem Agentennamen und mit so auffälligem Benehmen schreddern lässt, dass seine Aktion auffallen und maximalen Schaden anrichten muss. Dem Magazin „Falter“ gegenüber versucht er seine Rolle mit der Ausrede zu verharmlosen, er wäre „ein Trottel“, vermutlich um die Spur zu Silberstein zu verwischen.

Erklärungsnotstand

Nur so kann es gewesen sein, und für jene, die sich bisher für die souveränen Beherrscher der Message-Control gehalten haben, gewiss ein harter Schlag. Sie befinden sich in einem Erklärungsnotstand, der mit der Behauptung, es habe sich bei dieser Entsorgung um einen üblichen Vorgang und die Vernichtung belanglosen Materials gehandelt, nicht zu beheben sein wird. Warum sollte man so große Angst vor der Neugier roter Beamter haben, wenn es nur ums Zerbröseln von Materie ging?

Bisher galt Österreichs Beamtenschaft als grundsätzlich loyal, aber seit es mit der ersten schwarz-blauen Regierung zu einer enormen Aufblähung der Ministerkabinette gekommen ist, hat sich das Klima wechselseitigen Grundvertrauens anscheinend derart verschlechtert, dass es ohne Schreddern nicht mehr geht, ohne Rücksicht darauf, ob dabei die Grenzen des Zulässigen überschritten werden oder nicht.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz sieht in der Entsorgung von fünf Festplatten aus dem Eigentum der Republik einen üblichen Vorgang.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Dass der Inhalt des Geschredderten wohl ein Geheimnis bleiben dürfte, ist kein Vorteil für Türkis. Sebastian Kurz würde selbst eine Verwicklung in die Ibiza-Affäre mit der Notwendigkeit begründen, damit etwas gegen den Reformstau unter Bundeskanzler Kern getan zu haben, und damit Glauben bei seinen Anbetern finden. Gerüchte hingegen wuchern weiter, weil nicht zu widerlegen. Da müsste dann wieder Silberstein herhalten.

Und wie sieht es in Österreich sonst aus? Justizminister Jabloner spricht von einem „stillen Tod der Justiz“ aus Geldmangel. Der Möchtegern-Innenminister Kickl fantasiert von einem Grenzzaun um Österreich für etwa eine Milliarde Euro. Jetzt kommt es nur noch auf die Prioritäten an. (Günter Traxler, 25.7.2019)

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