In wenigen Tagen findet die Nationalratswahl statt. Diese Wahl entscheidet über unsere Zukunft und die unserer Umwelt – denn wir haben nur noch 10 Jahre Zeit um gravierende Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern.
Aus diesem Grund schauen wir den Parteien diesmal genau auf die Finger. Mein Kollege und Klimaexperte Johannes Wahlmüller hat die Wahlprogramme der größten Parteien durchgearbeitet und auf ihre Ambitionen im Hinblick auf wirkungsvollen Klimaschutz geprüft.
Unser großer Wahlprogramm-Check 2019 zeigt: Den Parteien ist prinzipiell bewusst, dass in Sachen Klimaschutz gehandelt werden muss! Bei den Konzepten gibt es allerdings große Unterschiede, denn nicht jedem Versprechen folgen ambitionierte Maßnahmen.
Wir haben die Klimaschutzziele und -maßnahmen analysiert und je nachdem wie ambitioniert und wirkungsvoll diese sind, Punkte vergeben. Insgesamt konnten 25 Punkte erreicht werden.
Welche Themen schaffen es ins Wahlprogramm?
Offenbar hat der Großteil der Parteienlandschaft verstanden, dass gehandelt werden muss und es um ein dringliches Thema geht, denn fast alle Parteien verfolgen ambitionierte Klimaziele. Die ÖVP will CO2-Neutralität bis 2045 erreichen, SPÖ, NEOS, JETZT und GRÜNE sprechen sich für die Klimaneutralität bis bereits 2040 aus. Und die FPÖ will die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null reduzieren.
Ökologisierung des Steuersystems
Große Widersprüche gibt es beim Thema Ökologisierung des Steuersystem. NEOS, JETZT und GRÜNE sprechen sich klar für eine CO2-Steuer aus. ÖVP, SPÖ und FPÖ lehnen eine nationale CO2-Steuer hingegen ab. Einig sind sich alle Parteien, dass saubere Energie ausgebaut werden und Österreich bis 2030 zu 100% auf erneuerbaren Strom umsteigen soll.
Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen
Im Gebäudebereich ist der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen das große Thema. Auf einen verbindlichen Ausstiegsplan, der vorsieht Ölheizungen bis 2030 zu ersetzen, legen sich SPÖ, FPÖ,JETZT, NEOS und GRÜNE fest. NEOS, JETZT und GRÜNE wollen bis 2040 auch Gasheizungen ersetzen.
Nachhaltige Industrie & Gewerbe
Im Vergleich dazu erreichen die Parteien beim Thema Nachhaltige Industrie & Gewerbe weniger Punkte. Die ÖVP setzt auf Forschung und Innovation, aber keine Partei fordert einen klaren Klimaplan für alle größeren Unternehmen zum Ausstieg aus fossiler Energie.
Verkehr und Mobilität
Im Verkehrsbereich unterstützen alle Parteien den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. SPÖ, JETZT und GRÜNE wollen darüber hinaus ein günstiges Jahresticket für den öffentlichen Verkehr. Diese Parteien unterstützen auch das Ziel ab 2030 keine fossilen Fahrzeuge mehr neu zuzulassen.
Ernährung, Landwirtschaft und Flächennutzung
Im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und Flächennutzung sprechen sich vor allem SPÖ und GRÜNE für den Ausbau der biologischen Landwirtschaft aus. ÖVP, NEOS, JETZT und GRÜNE geben an, sich für eine klimagerechte Raumplanung einsetzen zu wollen.
Klimapolitik der Parteien…
Zusammenfassung…
ÖVP
Die ÖVP erreicht 9 Punkte. Das Klimaprogramm der ÖVP setzt sich zwar ambitionierte CO2-Reduktions-Ziele, bleibt aber bei den Maßnahmen in vielen Bereichen zu vage. Hervorhebenswert ist der starke Fokus auf Innovation und Forschung, wofür auch substanzielle finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollen. Allerdings werden wichtige Klimaschutzmaßnahmen, wie eine Ökologisierung des Steuersystems nicht priorisiert, eine CO2-Steuer klar abgelehnt. Der Schwerpunkt liegt bei Wasserstoff, der zwar eine wichtige Zukunftstechnologie darstellt, allerdings langfristig in der Industrie und nicht beim Individualverkehr. Wasserstoff wird zudem bis 2030 nicht zu nennenswerten Emissionsreduktionen beitragen
SPÖ
Die SPÖ erreicht 17 Punkte. Sie setzt sich ambitionierte Klimaziele und spricht sich auch für eine rechtlich verbindliche Verankerung aus. Teilweise verstrickt man sich jedoch in Widersprüche: So wird eine CO2-Steuer abgelehnt, andernorts wird wiederum angegeben, eine Ökologisierung des Steuersystems im Umfang von mehreren Milliarden Euro zu befürworten. Ein klares Konzept dafür fehlt noch. Unmissverständlich ist die Botschaft hingegen bei Investitionen in Klimaschutz, vor allem in den öffentlichen Verkehr soll stark investiert werden. Auch das 1-2-3-Klimaticket, das in ähnlicher Form auch JETZT und GRÜNE vorschlagen, hat bei guter Umsetzung Potenzial
FPÖ
Die FPÖ erreicht 4 Punkte. Die Klimaziele, die die FPÖ verfolgt, sind mit dem Pariser Klimaschutzabkommen nicht vereinbar. Wichtige Maßnahmen wie eine ökologische Steuerreform oder eine CO2-Steuer werden abgelehnt. Teilweise werden Maßnahmen vorgeschlagen, die sogar kontraproduktiv sein können. So erwarten wir, dass die vorgeschlagene Umweltprämie für den Neukauf von Fahrzeugen, lediglich wie ein Rabatt wirken wird, aber keinen nennenswerten Lenkungseffekt bringt. Positiv ist der Einsatz für eine Nahverkehrsmilliarde, da gerade im Verkehrsbereich hoher Handlungsbedarf besteht.
NEOS
Die NEOS erreichen 16 Punkte. NEOS setzen sich ambitionierte Klimaziele und bauen dabei stark auf die CO2-Steuer. Mit deren Einführung wollen NEOS aber gleichzeitig andere Umweltsteuern abschaffen. Durch den Wegfall zum Beispiel der NoVA, die beim Neukauf von Fahrzeugen anfällt und die nach CO2-Emissionen gestaffelt ist, würde vor allem der Kauf von großen Spritfressern (SUV, Sportwagen) günstiger. Die angeführte Lenkungswirkung ist deshalb fraglich. NEOS punkten aber auch in vielen anderen Bereichen und wollen zum Beispiel eine bundesweite Strategie für Flächennutzung ausarbeiten lassen um den Bodenverbrauch zu senken.
Liste JETZT
JETZT erreicht 15 Punkte. JETZT bezieht eine klare Position für ambitionierte Klimaziele und die Einführung einer CO2-Steuer. In einigen Bereichen bleibt man jedoch vage. Mit dem Vorschlag einer Anhebung der Mehrwertsteuer für konventionelle Fleischprodukte hat JETZT einen der wenigen konkreten Vorschläge zum Thema Fleischkonsum ausgearbeitet. Ähnlich wie beim Vorschlag von SPÖ und GRÜNEN soll es eine günstige Jahresnetzkarte für den öffentlichen Verkehr in Österreich geben.
Die GRÜNEN
Die GRÜNEN erreichen 24 Punkte. Die GRÜNEN stellen wenig überraschend Klimaschutz ins Zentrum ihres Wahlprogramms, dementsprechend verfolgen sie ambitionierte Klimaziele, die auch rechtlich verbindlich umgesetzt werden sollen. Mit einer öko-sozialen Steuerreformen ist eine Umschichtung von acht Milliarden Euro geplant, durchaus ein beachtliches Volumen. Allerdings liegt dafür noch kein detailliertes Modell vor. Substanzielle Investitionen in den öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energien sollen getätigt werden. Ähnlich wie SPÖ und JETZT schlagen die Grünen ein günstiges Jahresticket für den öffentlichen Verkehr vor.