MUSIKSTÜCK DER WOCHE
DORIS BLAICH
Frischer Wind für ein traditionsreiches Festival: Die Ludwigsburger Schlossfestspiele haben eine neue Leitung. Für’s Musikstück der Woche ein schöner Anlass, einen Ludwigsburger Mitschnitt auszuwählen: Telemanns Konzert für Blockflöte und Gambe.
Konzert für Blockflöte und Viola da Gamba
Dieses Konzert (entstanden in Telemanns Frankfurter Zeit, vermutlich um 1715) ist eine Europareise für die Ohren. Der elegante erste Satz hat sich vieles aus der französischen Musik und ihren gravitätischen Fugen abgelauscht. Der zweite lehnt sich an typisch italienische Konzerte an: mit rasanten Soli, die in Orchester-Ritornelle eingebettet werden; feurig und übersprudelnd von Gedanken.
Ein Hackbrett-Solo – frei improvisiert
Besonderes Highlight in unserem Mitschnitt: ein Hackbrett-Solo (das ist allerdings nicht von Telemann, sondern frei improvisiert). Der dritte Satz, in der Hirten-Tonart F-Dur, bringt uns in die heile Welt einer Sehnsuchtslandschaft in Arkadien, wo dem Mythos nach Menschen und Tiere in Frieden, Harmonie und Seligkeit leben. Die Musik zitiert all die Vokabeln, die solche arkadischen Szenen kennzeichnen, inklusive schwebender Melodien und einer zarten pizzicato-Begleitung in den Streichern.
Musikalische Artenvielfalt
Das Finale schließlich bringt uns nach Osteuropa und seinen „barbarisch schönen“ Harmonien und Melodien, die Telemann hier genussvoll auskostet. Ein großartiger ‚Rausschmeißer‘, besonders, wenn man mit so viel Verve spielt wie die Blockflötistin Dorothee Oberlinger und der Gambist Vittorio Ghielmi!
Musikalische Artenvielfalt, Umweltschutz, ein Denken über die Grenzen von Ländern und gesellschaftlichen Schichten hinweg – all das beflügelt diese Musik. Wenn das kein Statement im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele ist…
Musikstück der Woche vom 14.12.2019
Frischer Wind für ein traditionsreiches Festival: Die Ludwigsburger Schlossfestspiele haben eine neue Leitung. Für’s Musikstück der Woche ein schöner Anlass, einen Ludwigsburger Mitschnitt auszuwählen: Telemanns Konzert für Blockflöte und Gambe.
Komponist
Georg Philipp Telemann (1681 – 1767)
Werk
Konzert für Blockflöte, Viola da gamba, Streicher und Basso continuo a-Moll TWV 52: a1
Sätze
Grave
Allegro
Dolce
Allegro
Interpreten
Dorothee Oberlinger (Blockflöte)
Vittorio Ghielmi (Viola da gamba)
Il Suonar Parlante
Aufnahme
Konzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele vom 21.5.2016 im Ordenssaal des Residenzschlosses
Geldgeschenk für Ludwigsburger Musikmut
Musikalische Frischluft bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen: der neue Intendant Jochen Sandig ist ab 2020 für das Programm des Festivals verantwortlich; ein wichtiger Leitfaden sind ihm dabei die UN Nachhaltigkeitsziele.
Gerade hat das Festival dafür 3 Millionen Euro vom Deutschen Bundestag als Fördermittel zugesagt bekommen. Ein schöner Anlass fürs Musikstück der Woche, einen Mitschnitt aus der Ludwigsburger Schatztruhe hervor zu holen: ein Konzert von Telemann, in dessen Musik ja auch immer frischer Wind weht und die erstaunlich viele der Nachhaltigkeitskriterien erfüllt – lange, bevor sie definiert wurden.
Musikalische Weltoffenheit
Kaum ein Komponist ist musikalisch so weltoffen wie Georg Philipp Telemann: in seiner Musik fließen französische und italienische Stilelemente ein, und er mischt sie gekonnt mit typisch deutschem Kontrapunkt.
Dieser „vermischte Geschmack“ ist typisch für die Komponisten im Deutschland des 18. Jahrhunderts. Bei Telemann kommt aber noch ein Faible für slawische Rhythmen und für die Volksmusik hinzu, er bewundert ihre „barbarische Schönheit“ (wie er selbst sagt) und liebt offensichtlich ihren Schwung und die harmonische Würze.
Und eine ungebändigte Experimentierlust in der Instrumentation. Etliche Instrumente hat Telemann selbst beherrscht, er kennt ihre Stärken und Schwächen, zeigt sie immer von der Sonnenseite und kombiniert die Klänge auf ungewöhnliche und frische Art.