Dies & Das: Das Home wird zum Office, man muss sich nur einrichten

Ein Klick führt Sie zur NZZ…

Sabine von Fischer 18.03.2020

Das Home wird zum Office, man muss sich nur einrichten

Mit kleinen Anpassungen lässt es sich auch zu Hause gut arbeiten, solange einige Ratschläge befolgt werden.

Entspannt auf dem Sofa zu sitzen und dort den Arbeitskollegen E-Mails zu schreiben, war bisher verstauchten Knöcheln, starken Erkältungen oder schulfreien Tagen geschuldet. Es war nicht wirklich bequem, doch in gewisser Weise gemütlich. Sofa und Laptop prägten für viele Leute die Idee von Home-Office.

Zu Hause arbeiten ist keine Ausnahme mehr. Seit dem Bundesratsbeschluss zur Eindämmung der Pandemie gibt es nun für viele eine Verbindung vom Home zum Office. Womöglich wird das Zuhause sogar dauerhaft zum Büro. Der Bindestrich wäre in diesem Fall hinfällig, eingedeutscht hiesse es dann: «Homeoffice»: Das Daheim ginge mit dem Arbeitsplatz eine Symbiose ein.

Das stellt die meisten vor das Problem, dass sie dafür gar nicht eingerichtet sind. Möbliert hat man die Wohnung schliesslich für das Wohnen, Schlafen, Essen, Lesen. Das Sofa ist zwar lauschig, doch jede zwei Stunden zusammengesacktes Sitzen in weichen Kissen müssen mit ausgedehnter Rückengymnastik wiedergutgemacht werden.

Die passende Möblierung

Das Schwierigste an der Heimarbeit ist also, dass es nicht nur gemütlich, sondern auch bequem sein soll. Fachleute nennen das ergonomisch und argumentieren, dass die Arbeit in einer auf den eigenen Körper angepassten Umgebung besser ausgeführt werden kann. Besser meint hier nicht nur schneller, sondern auch schmerzfrei, fehlerfrei, stressfrei, kaffeefleckenfrei, kinderspielsachenfrei, haustierpfotenfrei, schlicht: alle-unaufgeräumten-Dinge-des-Lebens-frei. Das ist einfach gesagt, aber schwierig umzusetzen, schliesslich war die private Wohnung bis anhin die Gegenwelt zum Arbeitsplatz.

Home-Office: Wie es sein sollte. Und wie es tatsächlich ist. 
twitter.com/Mijksenaar / Chris Nijkamp Public Design

Das Wohnen nun auch zum Büro umzufunktionieren, hat viele Tücken. Wer sich für die kommenden Wochen dieser Symbiose aus Zuhause und Arbeit keinen neuen Stuhl kaufen will, muss eben die Gymnastikmatte neben den umgewidmeten Studier-Esstisch legen. Aber unbedingt so, dass von der Matte die Rückendehnungsanleitungen ohne viele Verrenkungen einsehbar sind.

Zu den ergonomischen Herausforderungen kommen die ästhetischen: Auch die Umgebung des heimarbeitenden Ichs soll schön aussehen. Wer den Arbeitskollegen die eigene Inneneinrichtung nicht preisgeben will, sollte sich als Erstes überlegen, was bei Videokonferenzen ins Bild kommt. Dazu ein praktischer Tipp: Es ist meist einfacher, die Kamera anders zu positionieren, als den Kleiderschrank neu aufzubauen. Ein Bücherregal macht sich immer gut. Es lohnt sich, einschlägige Titel auf die mittleren Regale des Kamera-Bildausschnitts zu positionieren. Und gleich noch ein weiterer Rat: Wenn Sie Kinder haben, schauen Sie, dass Sie das Zimmer auch abschliessen können.

Kulissen weichen dem Alltäglichen

Eine unverschlossene Türe machte nämlich vor drei Jahren den Korea-Experten Robert Kelly weltberühmt. Die BBC-Live-Übertragung seiner Stellungnahme zur Amtsenthebung der Präsidentin Südkoreas ging viral: 86 Millionen Views für die Komik, mit der Kellys Kinder ins Büro tanzten und rollten, und auch für den sportlichen Stunt seiner Frau, die den politischen Ernst wiederherstellte. Die guten News: Kelly verlor nicht seinen Job, sondern wurde zum Sympathieträger und wird auch weiterhin zu seiner Expertenmeinung interviewt.

86 Millionen Views für ein Familien-Intermezzo. Das Home-Office hat seine Tücken.

Die Trennung von Privatleben und Beruf ist schwierig. Wenn es einmal nicht klappt, ist es nicht so schlimm, wie Kellys Familie in der berühmten Live-Übertragung der ganzen Welt vorgemacht hat. Eine professionelle Kulisse aber hatte der Professor an der Universität von Busan aufgebaut: hinter ihm an der Wand eine Weltkarte, neben ihm auf dem Pult ordentlich gestapelte Bücher (die bei der kleinen Intervention der Familie teilweise zu Boden fielen).

Die meisten haben ohnehin kein so geräumiges Studierzimmer wie Professor Kelly. Aus der guten Stube, der Schlafzimmernische, der Korridorlounge oder vom Waschküchen-Desk gibt es auch keine weltweiten Live-Übertragungen. Für die Videokonferenzen, wie sie zurzeit in vielen Haushalten zur Tagesordnung gehören, reicht eine bequeme Sitzhaltung und gute Laune, damit wir uns in ein paar Wochen wieder gerne im Büro begegnen.

Die Verwicklung von privaten und beruflichen Welten, zu der die Eindämmung des Coronavirus uns gerade zwingt, wird auch bisher unbekannte Seiten unseres Lebens freilegen. Allerdings nicht alle: Ich werde nun das Gewühl in diesem Zimmer dorthin schieben, wo es bei der nächsten Konferenzschaltung keiner sieht. Mein Zuhause ist zwar auch ein Arbeitsplatz, aber nicht nur. Also gibt es den Bindestrich weiterhin: Home-Office.