Dies & Das: Der Wind trägt Mikroplastik bis in die Arktis

Der Wind trägt Mikroplastik bis in die Arktis

Zigtausende Tonnen an Partikeln, die aus Reifenabrieb und Bremsenverschleiß stammen, können sich mit dem Wind global verteilen

Hier werden Partikel produziert, die bis in die Arktis und in den Ozean gelangen – und auf dem Umweg über die Nahrungskette vielleicht auch wieder zu uns zurück.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Mikroplastik ist wirklich überall, ob am Meeresboden, im leise herabrieselnden Schnee oder in unserem Gedärm. Und Wasser ist nicht das einzige Transportmittel, die winzigen Partikel können auch mit dem Wind reisen. Auf diese Weise gelangen sie über weite Distanzen selbst in entlegene Gebiete wie die Arktis, berichtet ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal „Nature Communications“.

Andreas Stohl vom Department für Meteorologie und Geophysik der Uni Wien hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom Norwegian Institute for Air Research (NILU) und dem Internationalen Institut für Angewandte System Analyse (IIASA) in Laxenburg die erste Modellberechnung der windgetragenen Ausbreitung von Mikroplastikteilchen aus dem Straßenverkehr durchgeführt. Der gilt schon länger als bedeutende Quelle dieser Partikel: Faktoren wie Reifenabrieb und Verschleiß der Bremsbeläge werden für etwa 30 Prozent des Mikroplastiks verantwortlich gemacht, das in Ozeanen und Binnengewässern landet.

Transport via Luftpost

Während sich bisherige Studien vor allem damit beschäftigt haben, wie Mikroplastik über Flüsse ins Meer gelangt, zeigt die aktuelle auf, dass sich der Transport durch die Atmosphäre in einer ähnlichen Größenordnung bewegt. Die Größe der Partikel spielt dabei eine wichtige Rolle: Größere Teilchen setzen sich hauptsächlich in der Nähe der wichtigsten Emissionsregionen ab – Nordamerika, Nordeuropa und Südostasien. Kleinere Partikel hingegen – kleiner als 2,5 Mikrometer – können sich mit dem Wind annähernd global verteilen.

Das Team modellierte, dass pro Jahr ungefähr 140.000 Tonnen Mikroplastik aus dem Straßenverkehr über die Atmosphäre in die Ozeane transportiert werden. Zudem schätzen die Forscher, dass 48.000 Tonnen pro Jahr an schnee- und eisbedeckten Oberflächen abgelagert werden. Davon betroffen seien vor allem die Arktis und das dortige Meereis, je nach Jahreszeit aber auch andere Flächen in hohen Breiten.

Bedenkliche Folgen

Solche Ablagerungen seien für die generell empfindlichen Ökosysteme in der Region und möglicherweise auch für die Gesundheit der dort lebenden Menschen bedeutsam, sagt Stohl. Dunkle Partikel können zudem die Albedo verringern, also weniger Sonnenlicht reflektieren – mit einer stärkeren Erwärmung des Bodens als Folge, was Schnee- und Eismassen schneller schmelzen lässt. Ein ähnlicher Effekt ist durch die Ablagerung von Ruß in der Arktis bekannt. (red, 14.7.2020)

Abstract
Das sagen die Anderen…