Dies & Das: Wie Abenteurerinnen den Konventionen trotzten

Wie Abenteurerinnen den Konventionen trotzten

Leicht hatten sie es nie, die Frauen, die auszogen um in den Weiten der Welt Abenteuer zu erleben. Forscherinnen, Pionierinnen, Entdeckerinnen, sie alle mussten noch viel mehr überwinden, als nur die Strapazen und Gefahren ihrer abenteuerlichen Reisen. Sie kämpften gegen Konventionen und Vorurteile und gegen die Vorstellung, eine Frau habe möglichst dort zu bleiben, wo man sie gut kontrollieren kann – zuhause. Immer wieder gab es Frauen, die auf alle Konventionen pfiffen und sich selbstbestimmt und mutig auf den Weg machten.

Von: Lydia von Freyberg, Katharina Kestler, Angelika Kellhammer, Gabriele Pfaffenberger, Tatjana Thamerus

Stand: 02.08.2020 | Archiv |Bildnachweis

Clärenore Stinnes fährt mit dem Auto um die Welt(1 von 5)

Ihr Audio #1 in der Cloud…

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Dauer 24:39 Minuten

„Erfolgreiche Sportler, denen öffnen sich Tür und Tor. Und dadurch, dass ich vielleicht die erfolgreichste Rennfahrerin in den Jahren ’24, ’25, ’26 war in Europa, öffneten sich in Berlin Tür und Tor in den Regierungs- und diplomatischen Kreisen.“

Als junge Frau trug Clärenore Stinnes Herrenanzüge mit Krawatte, rauchte Zigaretten – und fuhr von Sieg zu Sieg. Der Hamburger Dokumentarfilmer Michael Kuball entdeckte ihre längst in Vergessenheit geratene Geschichte. Im Alter von fast 80 Jahren erzählte sie ihm, wie sie einst als erste Frau mit einem Auto um die Welt gefahren war. Dabei hätte Clärenore eigentlich in der Firma ihres Vaters, des Mülheimer Großindustriellen Hugo Stinnes, Karriere machen sollen.

„Dann starb Papa im April ’24. Meine Mutter war der Ansicht, dass Mädchen in einer Firma nix zu suchen hatten. Die verließ sich völlig auf die beiden ältesten Brüder. Und da habe ich eben mein Ränzel gepackt und bin ausgezogen.“

Stinnes warb 100.000 Reichsmark von Sponsoren ein

Ihr erstes Autorennen fuhr Clärenore, die mit 18 ihren Führerschein gemacht hatte, 1924 noch unter dem Pseudonym „Fräulein Lehmann“.

„Aber ‚Fräulein Lehmann‘ wurde Dritter in ihrer Klasse. Und damit war mein Schicksal in etwa besiegelt.“

Während einer Russland-Rallye kam die 24-Jährige auf die Idee einer „Weltfahrt“, mit der sie die Stärke der deutschen Automobilindustrie unter Beweis stellen wollte. Clärenore warb 100.000 Reichsmark von Sponsoren ein. Die Adler-Werke überließen ihr neben einem „Standard 6“, einer kastenförmigen 40-PS-Limousine mit Ganzstahl-Karosserie und hydraulischen Vierrad-Bremsen, auch noch zwei Mechaniker und einen Lkw für Ersatzteile, Benzin und Proviant.

„Stresemann, der Außenminister, hatte mir alle deutschen Vertretungen zur Verfügung gestellt, um dort Benzin hinzuschicken, Reserveteile, Gummi, Öl: das erste Lager in Sofia, dann in Konstantinopel, dann in Ankara, dann in Teheran.“

Ihr Begleiter bereute schnell die Fahrt 

Am 25. Mai 1927 ging die Fahrt von Frankfurt aus los. Im letzten Moment hatte Clärenore auf Anraten von „Fox Film“ auch noch einen Kameramann angeheuert: den Schweden Carl-Axel Söderström, der allerdings bald bereute, sich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben. Maximal die Hälfte der rund 46.000 Kilometer langen Strecke führte über befestigte Straßen. Söderströms Tagebucheinträge zeugen von seiner wachsenden Verzweiflung.

„Läuse und Kakerlaken laufen die ganze Nacht in meinem Bett um die Wette.“ – „Russland versank in Regen. Und die Wege verwandelten sich in Morast.“ – „Fräulein Stinnes muss aus Stahl gemacht sein. So wie sie alles aushält, ohne zu klagen.“

Die beiden Mechaniker waren den Herausforderungen nicht gewachsen; Stinnes und Söderström fuhren bald alleine weiter. Sie kamen in Regionen, in denen die Menschen noch nie von einem Auto gehört, geschweige denn jemals eines gesehen hatten. In der Wüste Gobi wurden sie von bewaffneten Räuberbanden verfolgt. Die Überquerung der Anden war ein einziger Alptraum. In Söderströms Film kommentierte Clärenore später die bewegten Bilder:

„Mit Dynamit mussten wir uns die Wege ins Freie sprengen. Mit Flaschenzügen die Gipfel nehmen. Bei der Überwindung der peruanischen Kordilleren vollführte Söderström einmal eine wahre Todesfahrt über einen steilen Abhang.“

Auch privat gab es ein Happy End

Die Fahrt durch die USA war dagegen der reinste Spaziergang.

„Alles Leid und alle Qualen versinken im Strudel des Übermutes und des Vergessens … New York erwartet und feiert uns.“

Am 24. Juni 1929 bereitete Berlin den beiden Abenteurern einen begeisterten Empfang. Auch privat gab es ein Happy End. Söderström ließ sich scheiden und heiratete Clärenore, die beiden zogen nach Schweden, wo sie drei Kinder bekamen und Landwirtschaft betrieben. Clärenore sah ihre Mission erfüllt. Man müsse den Menschen den technischen Fortschritt eben erst zeigen, um sie davon zu überzeugen, ihn auch zu nutzen.

„Und bildlich gesprochen kommt erst das Auto und dann der Weg. Es kommt aber nie erst eine Straße und dann ein Auto.“


Die Bergpionierin Eleonore Noll-Hasenclever(2 von 5)

Heute ist sie fast vergessen. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts versetzte Eleonore Noll-Hasenclever die noch junge alpine Bergsteiger-Szene in Aufregung, weil sie regelmäßig selbst geübte Kollegen hinter sich ließ und schneller und mutiger als alle anderen in jede Steilwand stieg. Schwer auszuhalten war das für manche Bergführer, die sie offen anfeindeten und in einem Fall sogar nachts ihre Seile zerschnitten. Und doch konnten sie die Gipfeljagd dieser waghalsigen Frau nicht aufhalten.

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Dauer 24:37 Minuten

Ihr Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Eleonore_Noll-Hasenclever


Die Wüstenreisende Isabelle Eberhardt(3 von 5)

Lawrence von Arabien saß noch beim Tee in England, da bereiste die Schriftstellerin Isabelle Eberhardt schon allein die Sahara, das Atlasgebirge und andere Orte der muslimischen Welt. Ende des 19. Jahrhunderts ging das nur in Männerkleidung und unter arabischem Decknamen. Später entdeckte die Frauenbewegung der 1970er die Abenteurerin als Vorbild wieder und verhalf ihr zumindest zu ein wenig posthumer Bekanntheit. Doch Isabelle Eberhardt lässt sich nur schwer einordnen: Sie nahm Drogen, liebte den Islam und war dabei doch ausgesprochen emanzipiert. Eine schillernde, rätselhafte und ausgesprochen widersprüchliche Lebensgeschichte.

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Dauer 24:39 Minuten

Ihr Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Isabelle_Eberhardt


Die Flugpionierin Marga von Etzdorf(4 von 5)

Marga von Etzdorf tödlich verunglückt. Die ausgezeichnete junge Sportfliegerin Marga von Etzdorf, die am Sonnabend, dem 27. Mai zu einem Fernflug nach Australien gestartet war, ist bei der Landung auf dem französischen Militärflugplatz von Mouslinich in der Nähe von Aleppo tödlich verunglückt. Marga von E., die erst 26 Jahre alt war, meldete sich mit 20 Jahren zur Fliegerei und bestand bald darauf die Prüfung als Flugzeugführerin. 1930 machte sie einen grossen Rundflug über den Balkan und im Dezember 1930 ihren ersten Fernflug ohne Begleiter nach den Kanarischen Inseln, Spanien und Nordafrika. Im August 1931 führte Marga v. E. einen Fernflug von Berlin nach Tokio in 11 Tagen durch – eine vorbildliche Leistung. Marga von E. besass das Goldene Sportflieger-Abzeichen des Deutschen Luftsportverbandes und den Ehrenbecher des Aero-Clubs Deutschland. Mit ihr ist eine ebenso talentierte und mutige Pilotin wie ein sympathischer Mensch dahingegangen. 26435-32

Für ihren Rekordflug von Berlin nach Tokio wurde sie weltberühmt: Die Flugpionierin Marga von Etzdorf. Ihre tollkühnen Flüge in den 20er und 30er Jahren sind bis heute beeindruckend, ihr mysteriöser Tod gibt noch immer Rätsel auf.

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Dauer 24:33 Minuten

Ihr Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Marga_von_Etzdorf


Maria Reiche, Retterin der Nasca-Linien(5 von 5)

Viel mehr als eine Abenteurerin war Maria Reiche. Sie verband ein abenteuerliches Leben mit einer rigorosen und visionären Forschungstätigkeit. Ihr ist es zu verdanken, dass die Nasca-Linien in der peruanischen Wüste bis heute erhalten und erforscht sind. 40 Jahre lang lebte sie in der Wüste, in einer Lehmhütte ohne Strom, ohne Wasser. Dort widmete sich die Dresdnerin der Erforschung der riesigen Wüstenbilder und kämpfte erbittert gegen ihre Zerstörung durch Ufo-Jäger, Bewässerungssysteme und die Ignoranz ihrer Forscherkollegen.

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Dauer 24:32 Minuten

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