Dies & Das: NGOs verlieren Geduld bei Klimapolitik, grüne Kreise sprechen von ÖVP-Blockade

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Ökosteuern und Co

Nora Laufer

20. November 2020

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NGOs verlieren Geduld bei Klimapolitik, grüne Kreise sprechen von ÖVP-Blockade

Umweltorganisation zeigen sich von der Regierung enttäuscht. Nächste Schritte bei Ökologisierung kommen bald, sagen die Grünen

Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Der Weg dorthin ist noch weit.
Foto: APA/dpa/Boris Roessler

Die Geduld heimischer Umweltorganisationen dürfte schwinden. Bereits im Jänner wurde die Umsetzung einer ökosozialen Steuerreform im Regierungsprogramm festgehalten; im Februar eine Taskforce gegründet, die die Details klären sollte. Seither sei beinahe nichts geschehen, kritisierten Global 2000, der WWF und der VCÖ am Donnerstag unisono in einer Pressekonferenz.

„Wir hätten und von der Regierung mehr erwartet“, sagte Global-Klimasprecher Johannes Wahlmüller. Anstatt eines ausgearbeiteten Plans für die Öko-Steuerreform seien „keine weiteren Schritte“ gefolgt, zudem fehle Transparenz im Prozess. Die Kritik richtet sich nicht nur an das Klimaministerium: „Wir sehen die Gesamtverantwortung bei der Bundesregierung“, so Wahlmüller. Immerhin sei auch das Finanzministerium sowie das Kanzler- und Vizekanzleramt Teil jener Taskforce.

300 Euro je Tonne bis 2030

Die NGOs haben nun selbst ein Papier zusammengestellt und skizziert, welche Schritte aus ihrer Sicht rasch umgesetzt gehörten. Ein strafferer Zeitplan für die Reform sei nötig, ein Öko-Bonus für einkommensschwache Familien unumgänglich. Die Rede ist von rund 1000 Euro je Haushalt und Jahr – je nachdem, wie die Reform ausfalle. Darüber hinaus soll der CO2-Preis bis 2030 schrittweise auf 300 Euro je Tonne angehoben werden; klimaschädliche Subventionen sollen wegfallen.

Im Steuersystem sei durchaus Spielraum für eine Umschichtung vorhanden, attestierte Wifo-Ökonomin Daniela Kletzan-Slamanig bei der Pressekonferenz: In Österreich gebe es nur wenige Umweltsteuern, hingegen aber viele auf Arbeit. Zudem würden die derzeit extrem niedrigen Treibstoffpreise einer CO2-Besteuerung in die Hände spielen, argumentiert der VCÖ.

ÖVP intern zerrissen

Punkte also, die – zumindest in der einen oder anderen Form – im Regierungsprogramm stehen. Aber wo hakt es? Die Antwort in grünen Kreisen ist klar: beim Koalitionspartner. Die ÖVP sei intern zerrissen, sagen mit der Materie Vertraute: „Je nachdem, wer am lautesten schreit, dahin bewegt sich die ÖVP.“ In Klimafragen sei der Bundeskanzler nicht paktfähig, so die Kritik. Das habe sich etwa beim Plastikpfand gezeigt. Die ÖVP habe diesem erst zugestimmt, sei unter dem Druck der Wirtschaft aber eingeknickt.

Mittlerweile würden die Grünen daher oft direkt mit Stakeholdern verhandeln – etwa mit der Industrie oder der Wirtschaftskammer, wie es heißt. Die Volkspartei selbst sei in manchen Klimabelangen uneins, etwa beim geplanten Gasausstieg. Zudem ließe sich die ÖVP viel Zeit: Die Green Finance Agenda etwa, die den Finanzsektor ökologischer gestalten soll, liege seit Monaten im Finanzministerium. Die notwendigen Abstimmungen fänden dort schlichtweg nicht statt.

Keine Antwort aus dem Kanzleramt

Und was sagt die ÖVP selbst zu den Vorwürfen? Aufgrund der Corona-Situation gebe es hinsichtlich der Green Finance Agenda noch keinen konkreten Zeitplan, heißt es aus dem Finanzressort. Man arbeite jedoch daran. DER STANDARD fragte auch im Bundeskanzleramt nach, ob auf höchster politischer Ebene an dem Zeitplan zur Ökosteuerreform festgehalten werde. Die Fragen blieben unbeantwortet.

Nach der NGO-Kritik versicherten die Grünen am Donnerstag, vor Jahresende nächste Schritte zur Öko-Steuerreform vorlegen zu wollen. Die CO2-Steuer soll jedenfalls fix 2022 kommen, ist man sich bei den Grünen sicher. Kleinere Aspekte sollen noch diese Woche im Parlament landen – etwa die Steuerbegünstigung von Bahnstrom und betrieblichen Öffi-Tickets. Auch die Spreizung der Normverbrauchsabgabe soll Thema sein. Größere Themen im Problemsektor Verkehr wie etwa die Abschaffung des Tanktourismus oder die Ökologisierung der Pendlerpauschale müssen vorerst offenbar noch warten. (Nora Laufer, 20.11.2020)




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