Dies & Das: Gehörte Literatur-Josef Roth: Die Büste des Kaisers

Josef Roth: Die Büste des Kaisers

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Im Sommer 1935 erschien im deutschsprachigen „Pariser Tageblatt“ die Erzählung „Die Büste des Kaisers“. Autor war der österreichische Schriftsteller und Journalist Joseph Roth, der seit Anfang 1933 im französischen Exil lebte.

Als Joseph Roth das ostgalizische Dorf Lopatyny zum Schauplatz seiner Novelle „Die Büste des Kaisers“ machte, kehrte er in der Fantasie in seine Heimat zurück. Der Ort liegt nämlich in der Nähe der Stadt Brody, wo Roth 1894 geboren wurde und zur Schule ging. In Lopatyny siedelt Roth Graf Franz Xaver Morstin an. Morstin lebt allein, ist ein bisschen sonderlich, aber sehr hilfsbereit gegenüber jedem, der ihn um Unterstützung bittet.

Der Graf hat polnische Vorfahren und italienische Wurzeln, fühlt sich aber einzig als Österreicher, liebt den Kaiser und empfindet sich als „übernationaler Mensch“. Durch die Katastrophe des Ersten Weltkriegs endet das Habsburger Reich, und die galizische Heimat des Grafen wird Teil Polens. Eine Veränderung, die der Aristokrat, immer älter und wunderlicher, nicht verwinden kann… .

Joseph Roth entwirft in seiner kurzen Novelle die rückwärtsgewandte Utopie eines versöhnten österreichischen Kaiserreichs, das es so sicher nicht gegeben hat. Sie rührt – mehr als hundert Jahre nach dem Tod Kaiser Franz Josephs I. – trotzdem an, weil sie Zeugnis ablegt von den Sehnsüchten ihres jüdischen Autors, der sich in den Dreißigerjahren im Pariser Exil langsam zu Tode trinkt.