- SPÖ und FPÖ sorgen sich ums Fragerecht für Abgeordnete
- „Einschränkung nicht akzeptabel“
- Edtstadler: Entwurf stärkt Interpellationsrecht
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SPÖ und FPÖ sorgen sich ums Fragerecht für Abgeordnete
Wien – Hat Türkis-Grün die Einschränkung des Fragerechts für Abgeordnete in den Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz geschummelt? Der Anwalt und ehemalige Liste-Pilz-Mandatar Alfred Noll behauptet das in einem im STANDARD erschienenen „Kommentar der anderen“. Die zuständige Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) weist den Vorwurf zurück – doch die Verfassungssprecher von SPÖ und FPÖ teilen Nolls Sorge. Die Stimmen einer dieser beiden Parteien braucht die Koalition aber, um das Gesetz zu beschließen.
Das Interpellationsrecht ist eines der wichtigsten Kontrollinstrumente der österreichischen Abgeordneten: Sie können parlamentarische Anfragen an Regierungsmitglieder stellen, diese sind zur Antwort verpflichtet.
Der Gesetzesentwurf der Koalition für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und Einführung eines Rechts auf Information berührt auch das Interpellationsrecht: Dafür sollen nämlich die gleichen Ausnahmeregelungen gelten wie für das neue Informationsfreiheitsgesetz für Bürger – Auskünfte müssen, so der Entwurf, nicht gegeben werden, wenn bestimmte Gründe dagegen sprechen. Etwa „zwingende integrations- und außenpolitischen Gründe“, die nationale Sicherheit, die „umfassende Landesverteidigung“, die „Vorbereitung einer Entscheidung“ oder die „Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen“ und so weiter.
„Einschränkung nicht akzeptabel“
Laut Noll wird damit „unter dem Deckmantel der Transparenz ein grundlegendes Instrument der parlamentarischen Demokratie amputiert“. Ähnlich sieht das Jörg Leichtfried, Verfassungssprecher der SPÖ: „Das ist eine ziemlich besorgniserregende Entdeckung“, sagt er zum STANDARD. „Eine Einschränkung des Interpellationsrechts der Abgeordneten, die hier vermutlich geplant ist, ist natürlich nicht akzeptabel.“ Es wundere ihn gar nicht, „dass das von der ÖVP kommt. Aber dass die Grünen da mitmachen, ist bemerkenswert“.
Die SPÖ will im Rahmen der Verhandlungen zum Informationsfreiheitsgesetz auch eine Stärkung des Interpellationsrechts durchbringen (DER STANDARD berichtete). Dazu gehört etwa die Möglichkeit, gegen nichtssagende oder nicht erfolgte Antworten vor den Verfassungsgerichtshof zu ziehen.
FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst teilt die Bedenken. „Die Formulierung ist sehr weit gefasst. Sie gibt den Regierungsmitgliedern einen großen Ermessensspielraum bei der Beantwortung, den sie bisher nicht hatten“, sagt sie. Auch die jetzige Situation sei unbefriedigend, weil Regierungsmitglieder oft inhaltlich ausweichen würden. Aber mit dem vorliegenden Gesetz „können sie sich das gänzlich ersparen“.
Edtstadler: Entwurf stärkt Interpellationsrecht
Im Büro von Verfassungsministerin Edtstadler ist man um Beruhigung bemüht. Keinesfalls sei das Motiv des Entwurfs, das Interpellationsrecht einzuschränken, in Wahrheit werde es sogar gestärkt: „In der geltenden Rechtslage kann sich ein Minister gegenüber dem Parlament auf das Amtsgeheimnis berufen“, heißt es aus Edtstadlers Büro. „Im vorliegenden Entwurf ist die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vorgesehen – auch gegenüber dem Parlament. Eine Auskunft kann künftig nur mehr aus den im Gesetz angeführten Gründen zurückgehalten werden, nicht mehr durch pauschalen Verweis auf das Amtsgeheimnis.“
Das sehen SPÖ und FPÖ aber eben dezidiert anders – der Aspekt wird wohl in den kommenden Wochen Thema sein, wenn die Verhandlungen für die Zweidrittelmehrheit im Parlament beginnen. (Sebastian Fellner, 26.2.2021)
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