Dies & Das: Die unendliche Klimageschichte

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Die unendliche Klimageschichte

Erneuerbare Energien

© getty images / Moment RF / The Burtons

Die Klimaziele sind klar definiert: Die Erderwärmung darf nicht höher als 1,5 Grad sein, versichern 190 Staaten im Pariser Klimaabkommen. Die CO2-Emissionen müssen bis 2030 halbiert werden, so der Plan des Green Deals von EU-Chefin Ursula von der Leyen. Und laut Regierungsprogramm soll Österreich bis 2030 klimaneutral sein. Es sind klar definierte Ziele, gegossen in konkrete Zahlen. Doch nun müssen sie in den nationalen Niederungen des politischen Alltags auch umgesetzt werden. Ein unmögliches Unterfangen?

Der erste Entwurf zur Klimawende besteht aus gut 100 Paragrafen und trägt den Namen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, kurz: EAG. Das geplante Gesetz soll die Grundlage für Österreichs Energiewende sein, so der Plan. Das heißt: Ab 2030 wird Energie nur noch aus Wasserkraft, Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme erzeugt. Im Oktober 2020 wurde der Entwurf begutachtet, seither sind rekordverdächtige 120 Tage ins Land gezogen. Ohne Ergebnis.

Als sich die Regierungsmitglieder am Mittwoch zum Ministerrat trafen, war es jedoch wieder nicht dabei. Woran liegt das? Das EAG behandelt alle energierelevanten Themen in Österreich und stellt das bisherige Ökostrom-Fördersystem auf neue Beine. Es geht von Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Hausdach bis zum Ausbau von Windrädern.

SPÖ droht mit Blockade

Eine Querschnittsmaterie, zu der jede Partei ihre eigene Sicht der Dinge hat. Erschwerend kommt hinzu, dass das EAG nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament umgesetzt werden kann, im Nationalrat und im Bundesrat. Neben den Regierungsparteien ÖVP und Grüne spielt daher auch die SPÖ eine wichtige Rolle. Wie wichtig diese Rolle ist, zeigte sie bereits. So blockierten die Genossen im Februar 2019 schon einmal eine Ökostrom-Novelle. Die SPÖ argumentierte damals ihre ablehnende Haltung unter anderem mit zu wenig Transparenz.

Auch dieses Mal stellt die SPÖ klare Forderungen an die Regierung. Es müsse eine „soziale Handschrift“ ersichtlich sein, sagt Energiesprecher Alois Schroll. Die Stromkosten dürfen für Haushalte nicht 100 Euro pro Jahr überschreiten, so seine Forderung. Wird auf diesen Punkt nicht eingegangen, droht die Partei mit einer weiteren Blockade.

Zuständig für das EAG ist Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Das Gesetz sei fertig, heißt es aus dem Ministerium, es könnte jederzeit im Ministerrat eingebracht werden. Seit der Begutachtung im Herbst wurden zahlreiche Details im Entwurf noch geändert, die großen Linien seien aber geblieben. Das Gesetz fokussiert weiterhin hauptsächlich auf Strom. Man wolle Schritt für Schritt vorangehen, das EAG habe bereits mehr als 100 Paragrafen. Weitere Klimabereiche sollen in weiteren Gesetzen behandelt werden.

Ein Kompromiss in Sicht?

Der Koalitionspartner ÖVP ist darüber jedoch unglücklich. Die Türkisen reklamieren ebenso das Thema Gas in das EAG. Es sei wichtig, Strom und Gas in einem Gesetz gemeinsam zu behandeln, das habe auch der Fast-Blackout am 8. Jänner gezeigt, der durch Reserven in Gasspeichern verhindert wurde, heißt es. Außerdem gehe es um Arbeitsplätze. Gas könne nicht Schritt für Schritt substituiert werden.

Im Klimaministerium will man sich jedoch nicht weiter aufhalten lassen. Das EAG müsse nun bald in den Ministerrat. Danach komme es als Regierungsvorlage ohnehin noch ins Parlament, wo nachgebessert werden könne, heißt es. Ein Kompromiss mit dem Koalitionspartner sei aber in Sicht. So könnten Leitlinien zum Gasnetzausbau gleichzeitig mit dem EAG in den Ministerrat kommen.

Während über Gas dann weiterverhandelt wird, könnte das EAG als Gesetz beschlossen werden. Sollte die ÖVP jedoch darauf bestehen, dass sich auch Gas im EAG wiederfindet, beginnt der ganze Prozess von Neuem. Denn dann bräuchte es eine weitere Begutachtung – der Weg zum Ministerrat würde wieder von vorne beginnen.

Wer nachgeben wird, ist offen – der Klimawandel setzt indes seine umweltschädliche Reise ungehindert fort.