Dies & Das: Der Sommer 2021

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So schlecht ist dieser Sommer gar nicht

Trotz Hochwasser und Dauerregen: Nicht überall schneidet der Sommer 2021 (bis jetzt) schlecht ab. Eine Einordnung anhand der letzten 122 Jahre.

Ist dies der schlechteste Sommer aller Zeiten – oder zumindest seit Messbeginn?
Illustration Anja Lemcke / NZZ

In Luzern fehlen nur noch wenige Zentimeter, und Forellen klopfen beim Juwelier Bucherer ans Schaufenster. Was Zürich betrifft, wurde vorsorglich der Sihlsee abgelassen. Noch heftiger treffen die anhaltenden Regenfälle Deutschland: In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind Orte von der Umwelt abgeschnitten. Über 100 Todesopfer vermelden die dortigen Behörden bis anhin.

Nach eineinhalb Jahren Pandemie scheint es auch das Wetter nicht gut mit uns zu meinen. Ist dies der schlechteste Sommer aller Zeiten – oder zumindest seit Messbeginn?

Kurzantwort: Nein. Verglichen mit anderen Jahren ist der bisherige Sommer (also vom Sommerbeginn am 1. Juni bis 14. Juli) in vielerlei Hinsicht normal. Die Sonne scheint so oft (oder so wenig) wie in anderen Jahren auch schon. Auch die Temperaturen bewegen sich im unteren Mittelmass. Es sind vor allem die Regenmengen, welche diesem Sommer das Ramsch-Etikett anhängen. Aber im Detail.

Die Sonne schien schon häufiger, aber auch schon bedeutend weniger

Knapp 300 Sonnenstunden wurden seit dem 1. Juni in Zürich gemessen. Das ist deutlich weniger als die letzten vier Jahre. Doch davor gab es schon etliche düstere Sommer. 2016 etwa, rund 56 Sonnenstunden weniger wurden im gleichen Zeitabschnitt gemessen.

Noch ausgeprägter waren die Jahre zwischen 1977 und 2000. Auch da wurden zu Beginn des Sommers ähnlich wenige oder sogar deutlich weniger Sonnenstunden gemessen. Im Vergleich zu allen Jahren seit 1900 steht der Sommer 2021 derzeit in der zweiten Hälfte, aber immerhin auf Rang 74 von 122.

Zwischen 1977 und 2000 schien die Sonne in Zürich oft weniger als dieses Jahr

Es ist warm!

Zwar schmilzt die Glace nicht in der Hand weg, doch eigentlich war der bisherige meteorologische Sommer eher warm. Vor allem der Juni – und wahrscheinlich auch das sich erwärmende Klima – mit seinem kurzen Hochsommer-Intermezzo lässt die Temperaturbilanz positiv aussehen. Nur vier Mal wurde an Messstationen in Zürich, Bern und Basel ein wärmerer Juni-Schnitt gemessen.

Welche Sommer wärmer und welche kälter waren als 2021

Es regnet zwar viel, doch eine Ausnahme ist das nicht

Langanhaltende Regenperioden kommen alle paar Jahre vor. Das Jahr 2005 etwa gravierte sich als «Jahrhunderthochwasser» in die Pegellatte ein. In Zürich jedoch fiel zwischen dem meteorologischen Sommeranfang am 1. Juni und dem 14. Juli regelmässig fast so viel Regen wie heuer. So war etwa die erste Sommerhälfte in den Jahren 2014 und 2016 weit regenreicher.

Was dieses Jahr jedoch anders ist: Die Regengüsse fielen alle in einem relativ kurzen Zeitfenster und nahmen den hiesigen Seen und Flüssen die Möglichkeit, das angefressene Wasserpolster abzubauen.

Auch wenn der gemessene Regen in Zürich zwar herausfordernd, aber (zumindest bis jetzt) kein Jahrhundertereignis ist, in anderen Kantonen stellt dieser Sommer durchaus Rekorde auf. In Bern etwa. In keinem anderen Jahr fiel im aktuellen Sommerabschnitt so viel Wasser vom Himmel wie dieses Jahr.

339 Millimeter wurden bis zum 13. Juli gemessen. Das schlägt den Höchstwert von 1987 um 9 Millimeter.

Wie schlecht ist nun dieser Sommer?

Gemessen an der Sonnenscheindauer: ganz okay. Gemessen am Regen: suboptimal verhalten. Tatsächlich startete 2021 gut ins Sommerrennen. Auf Platz 21 von 122 der trockensten Sommer stand es etwa am 15. Juni. Dann begann der Abstieg. Stand vom Dienstag: abgeschlagener Platz 113.

Quelle: Meteo Schweiz
NZZ / shu.