Dies & Das: Artenschwund

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Schweizer Insektenbestände auf bedenklich tiefem Niveau angelangt

Forum Biodiversität publizierte Bericht zu Artensterben in der Eidgenössischen Insektenwelt.

In der Schweiz schwinden die Insektenarten, 60 Prozent haben laut Forschern keine sichere Zukunft. © apa / Keystone / Benjamin Manser

Das Ausmaß des Artensterbens in der Schweizer Insektenwelt hat das Forum Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) erhoben. Bei vielen Insekten seien die Bestände auf einem bedenklich tiefen Niveau angelangt: „Das langfristige Überleben der betroffenen Arten und damit auch die Erbringung ihrer Ökosystemleistungen sind damit infrage gestellt“, heißt es in einem aktuellen Bericht des SCNAT, der am Dienstag den Medien präsentiert wurde.

Zu diesen von Insekten bereitgestellten Dienstleistungen an den Menschen gehören Blütenbestäubung, die Verbreitung von Samen und biologische Schädlingsbekämpfung. Insekten bilden auch die Nahrungsgrundlage vieler Fische und Vögel, tragen zum Abbau von abgestorbenem Pflanzenmaterial bei und führen so dem Boden Nährstoffe zurück. Der ökonomische Wert der Insekten sei kaum abschätzbar, sagte der Ökologe und Präsident des Forum Biodiversität, Florian Altermatt, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Fast 30.000 Insektenarten in der Schweiz sind aus der Literatur bekannt, Schätzungen zufolge dürfte es sogar 44.000 bis 60.000 Insektenarten hierzulande geben. Derzeit sind in Roten Listen 1.153 Arten bewertet, von denen fast 60 Prozent als gefährdet oder potenziell gefährdet gelten, 38 als in der Schweiz ausgestorben und 107 vom Aussterben bedroht.

Besonders gelitten in den vergangenen Jahrzehnten hatten demnach spezialisierte sowie kälteliebende Insekten, die etwa an Gewässern, Feuchtgebieten, Mooren, Trockenwiesen sowie in alpinen und subalpinen Zonen leben, sie wurden Opfer intensiver Landnutzung, Pestizide und Düngung, Strukturbereinigung, Zersiedlung, Lichtverschmutzung oder des Klimawandels.

Nur wärmeliebende Insekten im Aufwind

Wärmeliebende und generalistische Insekten hingegen breiteten sich in den vergangenen zwanzig Jahren allerdings eher aus, etwa im Mittelland kamen sogar Arten hinzu, beispielsweise bei den Tagfaltern. Doch: Einerseits habe die Zunahme insbesondere dort stattgefunden, wo es lange Zeit einen Rückgang gab und die Zahl der Arten noch immer viel tiefer sei als noch Mitte des vorigen Jahrhunderts, sagte Altermatt. Andererseits beobachte man zunehmend ein Arteneinerlei, da überall vermehrt dieselben Arten vorkämen.

Dass sich ergriffene Maßnahmen positiv auf die Artenvielfalt der Insekten auswirken können, zeige das Beispiel des Waldes: Während dieser vor 50 Jahren noch intensiv genutzt wurde, setze man heute vermehrt auf Mischkulturen, lasse Totholz liegen und betreibe eine extensivere Waldnutzung. „Damit einher ging tendenziell eine Zunahme der Insektenvielfalt“, sagte Altermatt.

Zwar fehlen Daten zur Entwicklung der Gesamtmenge an Insekten, der sogenannten Biomasse, aber auch wenn derzeit noch Wissenslücken bestehen: „Um handeln zu können, sind ausreichende Kenntnisse vorhanden“, schreiben die Forschenden. Die Synthese basierend auf den nationalen Roten Listen, auf Ergebnissen nationaler Monitoring-Programme, auf lokalen und regionalen Studien sowie auf Fachexpertisen und der von den Forschenden formulierte Zwölf-Punkte-Plan für die Erhaltung der Insektenvielfalt soll nun als Grundlage für die Politik dienen, dazu zählen bekannte Maßnahmen wie ein zumindest teilweiser Verzicht auf Pestizide, ein Ausbau des Monitorings und eine Verringerung der Lichtverschmutzung zum Schutz nachtaktiver Insekten. (apa)