Thema Wasser & Ökosysteme…#13

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Die Tiefs und Hochs erhöhen ihren Druck

Durch den Klimawandel wechseln die Tief- und Hochdruckgebiete einander langsamer ab.

Der Gletscher am Dachstein ist teilweise mit weißen Planen abgedeckt.
© apa / B. Gindl

Insgesamt zirkuliert immer mehr Wasser in der Atmosphäre. Grund dafür ist die globale Erwärmung aufgrund des Klimawandels, die die polaren Eiskappen schmelzen lässt, wodurch mehr Wasser verdunstet und in der Luft als Wasserdampf gespeichert wird.

Und die Erde wird sich weiter erwärmen. Dem vor kurzem veröffentlichten sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC zufolge wird es auf der Erde bei der derzeitigen Entwicklung bis 2030 um 1,5 Grad wärmer als zu Beginn der Industrialisierung um 1880 sein. In Österreich liegt der Temperaturanstieg – aufgrund der Alpen – bereits jetzt bei rund zwei Grad. Denn mit dem Rückgang der Gletscher potenziert sich die Hitzewirkung: Wo vorher noch weißes Eis war, das die Sonnenstrahlen reflektierte, werden diese nun von dunklem Geröll absorbiert.

Mehr Wasser in der Atmosphäre bedeutet aber nicht automatisch auch mehr Niederschlag. Denn Verdunstung und Niederschläge sind regional sehr unterschiedlich und unter anderem von geologischen Strukturen – wie den Alpen – geprägt. In Österreich zum Beispiel ist die Gesamtmenge des Niederschlags über das Jahr verteilt seit Jahrzehnten relativ gleich. Was aber zugenommen habe, sei den Aufzeichnungen zufolge die Anzahl der Wetterextreme wie mächtige Gewitter mit Überflutungen oder Dürreperioden, sagt Nikolas Zimmermann vom privaten Wetterdienst Ubimet zur „Wiener Zeitung“. Und: „Sie halten länger an. Wir hatten schon Dürreperioden, die bis zu vier Wochen lang gedauert haben.“

Gebremste Starkwinde

Der Grund dafür sei der trägere Wechsel von Tief- und Hochdruckgebieten – bedingt durch die wärmeren Polarregionen. Hier macht sich der Klimawandel somit auf eine subtile Art und Weise bemerkbar: Konkret seien es die Jetstreams, sagt Zimmermann, Starkwindbahnen in sieben bis zwölf Kilometer Höhe, die sich infolge globaler Ausgleichsbewegungen zwischen unterschiedlichen Temperaturregionen bilden und Ketten von Tief- und Hochdruckgebieten transportieren. Die Geschwindigkeit dieser Starkwinde sei von der Temperaturdifferenz zwischen den Subtropen und den Polarregionen abhängig. Dadurch, dass sich die Polarregionen nun deutlich mehr erwärmen, nimmt die Jetstream-Geschwindigkeit laut Zimmermann ab – und mit ihr die Geschwindigkeit der Abfolge der Tief- und Hochdruckgebiete.

„Die Großwetterlage kann dadurch über Wochen hinweg gleich bleiben“, so Zimmermann. Diesen Sommer habe sich das deutlich im Westen Europas und auch im Westen Österreichs gezeigt, wo sich ein Tief hartnäckig hielt und ein Juli und August mit Starkregen und Überschwemmungen die Folge waren. Insgesamt war es laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik aber einer der zehn wärmsten Sommer der 255-jährigen Messgeschichte.

Wetter und Klima sind dennoch ganz unterschiedliche Bereiche – und sollten auch nicht vermischt werden. Grundsätzlich vergleiche man immer Perioden von je 30 Jahren, um Klima-Änderungen festzustellen, sagt dazu Manfred Dorninger vom Institut für Meteorologie und Geophysik an der Uni Wien. Einige wenige, extrem heiße Sommer würden dadurch lediglich in die Kategorie Klimafluktuation und nicht Klimaerwärmung fallen. „Dass die letzte Dekade aber nur so gestrotzt hat von überdurchschnittlichen Sommern, ist schon ein Indikator dafür, dass sich der Klimawandel etabliert hat“, sagt er.

Eisrückgang als Parameter

Am arktischen Polareis und auch an den Gletschern sehe man diesen besonders deutlich. Denn diese haben ein „langes Gedächtnis“. „Ist es einmal kurz sehr heiß und dann wieder normal warm, merkt man nichts. Erst durch gehäuft warme Sommer geht das Eis zurück“, so Dorninger. Diesen Rückgang, über mehrere Jahre beobachtet, könne man als Parameter heranziehen.

Gleichzeitig steigt der Meeresspiegel. Auswertungen von Pegel- und Satellitendaten zeigen laut IPCC einen Anstieg von 20 Zentimetern seit 1901 beziehungsweise eine mittlere Anstiegsrate von 2,3 Millimetern pro Jahr. Die neuesten Erkenntnisse über die abschmelzenden Gletscher und Eisschilde in Grönland und der Antarktis zeigten, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels beschleunige, hieß es in einer von der Dachorganisation der europäischen Wissenschaftsakademien Easac veröffentlichten Studie. Das sei nicht nur auf das zusätzliche Wasser durch die Schmelze zurückzuführen. Durch den Verlust des antarktischen Eises verändere sich auch deren Anziehungskraft auf die Ozeane, so die Forscher: Dadurch verschieben sich die Wassermassen in Richtung Nordhalbkugel, und der Meeresspiegel um Europa steigt schneller an.

Erst diesen Sommer haben die Forscher die Zukunft der am Atlantik liegenden europäischen Länder als „besorgniserregend“ eingestuft: Diese sollten sich auf einen Meeresspiegelanstieg von einem Meter und mehr bis zum Ende des Jahrhunderts einstellen.

Atlantik wird wärmer

Die direkten Auswirkungen des globalen Klimawandels zeigen sich der Studie zufolge zudem im Anstieg der Oberflächentemperatur des Atlantiks seit den 1880er-Jahren um fast ein Grad Celsius sowie im Sinken des pH-Werts des Meerwassers.

Eine wesentliche Rolle beim Klimawandel spielen Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2), Wasserdampf (H2O) oder Methan (CH4). Diese bewirken, dass die Atmosphäre die von der Sonne kommende, kurzwellige Strahlung durchlässt, nicht aber die langwellige Infrarotstrahlung, die von der warmen Erdoberfläche abgestrahlt wird. Ein Anstieg der Temperatur ist die Folge. Ozeane absorbieren etwa ein Drittel dieses CO2, das zum Beispiel Menschen durch das Verheizen fossiler Brennstoffe erzeugen. Die Aufnahmefähigkeit der Ozeane ist jedoch begrenzt – und laut Dorninger am Limit. Beim Auftauen des Permafrostbodens wird zudem Methan frei.

In weiterer Folge könnten die Änderungen des Meeresspiegels und der Meeresströmungen die Versorgung mit erneuerbarer Energie beeinflussen, hieß es weiter in der Easac-Studie. Untersuchungen in der Nordsee hätten ergeben, dass die damit verbundenen Veränderungen in den Windmustern zu einem Rückgang der in Offshore-Windparks erzeugten Energie um drei Prozent führen könnten.

Emissionen senken

Nach Ansicht der Wissenschafter gibt es nur eine Abhilfe: Die Emissionen müssten gesenkt werden. Zum Beispiel, indem man die Kohlenstoffaufnahme durch das Pflanzen von Bäumen, Vergrößern der Wälder und Verdichten der Grünflächen erhöht.