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Biolandwirtschaft: Stärken und Schwächen

18.September 2021

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Biolandwirtschaft ist trotz geringerer Erträge wirtschaftlicher als konventioneller Anbau

Vier Anbaumethoden im Vergleich: Öko erweist sich als klimafreundlicher und deutlich umweltverträglicher

Der Unterschied ist offensichtlich: Ein unter Biorichtlinien bewirtschaftetes Feld (rechts) weist eine 230 Prozent höhere Pflanzenvielfalt auf.
Fotos: Samuel Knapp / TUM

Auch wenn manche gerne die Gesundheit als Grund dafür angeben, warum sie sich überwiegend Bio ernähren, der Unterschied zu Produkten aus der konventionellen Landwirtschaft ist marginal, wenn es beispielsweise um Nährstoffgehalt geht. Tatsächlich steht bei der biologischen Landwirtschaft hauptsächlich die Umweltbilanz im Vordergrund, und die fällt durch den Verzicht auf Kunstdünger und Pestizide für die Natur deutlich positiver aus.

Einige Forscher machten in der Vergangenheit allerdings auch gewisse Nachteile aus: Auf Umwegen schade ökologische Landwirtschaft nämlich dem Weltklima mehr als konventionelle Anbaumethoden. Der Grund seien Ernteeinbußen von bis zu 30 Prozent, die letztlich den zusätzlichen Import von Nahrungsmitteln aus konventionellem Anbau aus dem Ausland notwendig machen würden, wie Forscher 2019 in den Fachjournalen „Nature“ und „Nature Communications“ berichteten – freilich nur unter der unrealistischen Annahme eines annähernd plötzlichen Wechsels zu Öko auf dem gesamten Anbaugebiet eines Landes.

Rentabler als konventioneller Anbau

Dass die Erträge gleichsam die Achillesferse der Biolandwirtschaft sind, ist allerdings Fakt. Wirtschaftlich hätte dies aber keine negativen Auswirkungen, wie ein Team um den Schweizer Ökologen Marcel van der Heijden im Fachmagazin „Science Advances“ darlegt. Zu verdanken sei dies vor allem den höheren Preisen und Direktzahlungen. Die ökologische Landwirtschaft selbst sei auch deutlich klimafreundlicher, stellten die Wissenschafter fest.

„Wenn man alle Umweltauswirkungen betrachtet, liegt Bio deutlich vorne“, meint der Ökologe in einer Mitteilung von Agroscope, dem Kompetenzzentrum der Schweiz für landwirtschaftliche Forschung und der Uni Zürich. Für die Studie verglichen die Forschenden auf einem Versuchsfeld außerhalb von Zürich vier Anbaumethoden: Konventionelle Landwirtschaft mit und ohne Pflug sowie Biolandwirtschaft mit Pflug sowie mit reduzierter Bodenbearbeitung. Auf den Parzellen bauten sie im Jahreszyklus Winterweizen, Körnermais, Ackerbohnen, wieder Winterweizen und zweimal nacheinander Gras-Klee an. Der Versuch dauerte zwölf Jahre.

Der Versuch fand auf einem rund ein Hektar großen, in 128 kleine Parzellen aufgeteilten Feld statt, auf denen jeweils eine bestimmte Anbaumethode getestet wird. Der Versuch läuft seit zwölf Jahren und wird mindestens noch weitere sechs Jahre fortgeführt.
Foto: Agroscope, Raphaël Wittwer

Mehr Würmer, weniger Erosion

Demnach wies ein unter Biorichtlinien bewirtschaftetes Feld eine 230 Prozent höhere Pflanzenvielfalt auf. Im Boden fanden die Forschenden zudem 90 Prozent mehr Regenwürmer in Bioparzellen und sogar 150 Prozent mehr, wenn das Feld nicht gepflügt wurde. Auch in der Bodenerosion schlugen sich die Anbaumethoden nieder: Die beiden Bioanbautypen wiesen 46 respektive 93 Prozent weniger Erosion auf.

Die Giftigkeit für die Umwelt lag bei den Anbaumethoden ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel um 81 Prozent tiefer. Auch hinsichtlich Klimaschutz schneidet Biolandbau besser ab, weil kein synthetischer Mineraldünger eingesetzt werden darf, dessen Produktion viel Energie verschlinge, wie van der Heijden auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Zudem hätten sie tendenziell mehr gebundenen Kohlenstoff im Boden gefunden.

Verbesserungspotenzial

Mehr Umweltschutz ging allerdings mit Ertragseinbußen einher. So wies Biolandbau mit Pflug im Schnitt ein Minus von 22 Prozent auf, mit reduzierter Bodenbearbeitung lag der Wert sogar bei minus 34 Prozent. „Hier hat der Biolandbau noch großes Verbesserungspotenzial“, sagte Erstautor Raphael Wittwer. Potenzial sehen die Forschenden etwa in der Pflanzenzüchtung von resistenten Sorten, einem verbesserten biologischen Pflanzenschutz und gezielter Düngung.

Welche Anbaumethoden man letztlich wähle, hänge von den Zielen ab und wie man Ertrag, Bodenschutz, Biodiversität, Klimaschutz und Ökotoxizität gewichten würde, so van der Heijden. Das Langzeitexperiment soll gemäß Agroscope noch mindestens sechs Jahre fortgeführt werden. In der EU sollen bis 2030 ein Viertel der Agrarflächen für Bio-Landwirtschaft genutzt werden, in Österreich beträgt der Anteil bereits jetzt 26 Prozent. (red, APA, 18.9.2021)

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