Kommentar
Lara Hagen
18. November 2021
Ivermectin-Vergiftungen: Konsequenzen für Kickl
FPÖ-Chef Herbert Kickl setzt Menschen bewusst gesundheitlicher Gefahr aus, paradoxerweise seine eigenen Anhänger
Als wäre die Lage in den heimischen Spitälern nicht schon dramatisch genug, muss sich das dort im Ausnahmezustand arbeitende Personal nun auch noch um Menschen kümmern, die sich mit „alternativen Medikamenten“ selbst gegen Corona behandelten: In der Oststeiermark liegt eine Frau auf der Intensivstation, weil sie eine Überdosis des Entwurmungsmittels Ivermectin eingenommen hat. Ebenfalls in der Steiermark musste ein Mann intensivmedizinisch betreut werden, weil seine Nieren versagten. Der Grund: Er hatte über Wochen eine hohe Dosis an Vitamin D eingenommen.
Zu verantworten haben diese Misere nicht nur diejenigen, die sich offenbar nicht genügend informierten und selbst therapierten, sondern mitunter auch die Ärztinnen und Ärzte, die ein Rezept für Ivermectin ausstellen, das beim Menschen nur in seltenen Fällen zum Einsatz kommt. Allen voran ist es aber Herbert Kickl, der nun Konsequenzen ziehen sollte.
Nicht nur einmal pries der FPÖ-Chef die positive Wirkung von Ivermectin oder Vitaminen – eben das, was er als „alternative Medikamente“ bezeichnet – bei einer Covid-Erkrankung. Die Warnung der Wissenschafter war zu diesem Zeitpunkt längst draußen. Aber der Wissenschaft hat Kickl längst abgeschworen, das hat er während der Pandemie mehrmals eindrücklich unter Beweis gestellt. Mittlerweile warnt sogar der Ivermectin-Hersteller selbst vor einer Einnahme bei Covid-19. Einen Hinweis dazu sucht man auf der Facebook-Seite des Freiheitlichen, der seit seiner Corona-Erkrankung mehrmals pro Tag dort aktiv ist, vergeblich.
Auf was sich Kickl herausreden wird, ist klar: Denn ja, er wies darauf hin, dass man einen Arzt konsultieren müsse. Dass er sich hinter diesem Nachsatz nicht verstecken kann, zeigen Kommentare auf seiner Facebook-Seite. Ein FPÖ-TV-Video, das Kickl dort teilte, sahen 120.000 Menschen. Darin empfiehlt ein Arzt nicht nur Ivermectin, sondern vor allem Vitamin D. Dass die Dosis das Gift macht, darauf wird nicht hingewiesen. Stattdessen antworten Menschen, dass sie diesem Mann „blind vertrauen“, andernorts heißt es, Ivermectin werde „von den Mächtigen zurückgehalten“.
Kickl setzt Menschen bewusst gesundheitlicher Gefahr aus, paradoxerweise seine eigenen Anhänger. Das stößt auch in der eigenen Partei bereits einigen Leuten sauer auf. Sie sollten nun aufstehen und Konsequenzen fordern. (Lara Hagen, 18.11.2021)