Dies & Das: Streiflichter vom 27.8.2019-EINE FRAGE DES GEHALTS

Reinigungskraft mit 1.400 Euro netto: „Ich geniere mich nicht, dass ich putzen gehe“

Im Gastgewerbe sei es für eine Alleinerzieherin schwierig, den Wiedereinstieg zu schaffen. Daher wechselte die heute 46-Jährige in die Reinigungsbranche. Mit ihrem Nettoverdienst ist sie zufrieden.

Protokoll: Gudrun Ostermann 

27. August 2019

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„Ich bin Reinigungskraft, seit einem Jahr auch Vorarbeiterin bei der Firma Caritas Magdas. Aber eigentlich habe ich Kellnerin gelernt. Mit einem Kind ist es im Gastgewerbe schwierig, eine Arbeit zu finden – ich war ja jahrelang auf Saison. Dann ist meine Beziehung in die Brüche gegangen, und als Alleinerzieherin geht es in der Gastro dann ganz sicher nicht mehr. Und so bin ich in den Einzelhandel gewechselt. Sechseinhalb Jahre habe ich dort gearbeitet. Was nicht immer ganz leicht war.

Deshalb hab ich mich dann bei der Caritas beworben. Eine Bekannte hat dort schon in der Küche gearbeitet. Und ich hab in der Reinigung begonnen. Das war vor zehn Jahren, ich war damals 36 Jahre alt. Als meine Bekannte in Pension ging, hatte ich die Option, ihren Aufgabenbereich zu übernehmen. In der Reinigung hat es mir aber so gut gefallen, und ich bin dortgeblieben. Ich bin mein eigener Chef und hab mir meine Arbeit einteilen können.

Neuer Kollektivvertrag

Vor drei Jahren hat die Caritas das Tochterunternehmen Magdas Reinigung gegründet, wir wurden ausgegliedert und haben jetzt auch den Kollektivvertrag für Gebäudereinigung, und der sieht niedrigere Gehälter vor als der alte Kollektivvertrag. Vorher haben wir eine eigene Schmutzzulage bekommen und auch eine eigene Familienbeihilfe. Das ist jetzt alles im Bruttogehalt drinnen.

Aber da ich jetzt auch Vorarbeiterin bin, verdiene ich eh gut. Netto bekomme ich durchschnittlich 1.400 Euro im Monat. Aber ich habe jetzt auch ein Dienstauto, das brauche ich für meine Vorarbeiteraufgaben, ich betreue ein riesengroßes Areal. Das Auto darf ich auch für private Zwecke nutzen. Und ich habe auch ein Diensthandy.

„Ohne die Arbeiten der Reinigungskräfte, würden viele im Dreck ersticken.“
Foto: getty images

Meine Normalarbeitszeit beträgt 39 Stunden, zehn Stunden davon sind für Vorarbeitsaufgaben einkalkuliert. Jede Überstunde, jede Mehrstunde wird ausbezahlt. Damals im Einzelhandel musste ich jeden Cent umdrehen, und es ist sich trotzdem nicht ausgegangen. Deshalb hab ich zusätzlich in der Gastronomie ausgeholfen.

Komme über die Runden

Mit meinem jetzigen Einkommen komme ich über die Runden. Ich bin nicht so eine, die dauernd auf Urlaub fährt, ich bin allein – wo soll ich auch hinfahren. Die Fixkosten machen ca. 500 Euro aus. Manchmal ist es ein bisschen mehr, wenn die ganzen Versicherungen, Strom und Gas und so weiter zu bezahlen sind. Ich wohne in einer Eigentumswohnung, die ich mit einem Landeskredit abbezahle. Da mein Sohn gerade Zivildienst macht, bekomme ich den Kredit noch zu super Bedingungen. Jedes Jahr muss ich dafür ansuchen. Mein Sohn ist Tischler, nach dem Zivildienst wird er wieder arbeiten gehen, und da verdient er normal, da werde ich diesen günstigen Rahmen nicht mehr haben.

Bei Klamotten und Schuhen schaue ich nicht aufs Geld. Da kann es schon mal sein, dass ich 300 Euro auf einmal ausgebe. Das ist so, aber dann ist halt wieder eine Weile eine Ruhe. Alle drei Wochen leiste ich mir eine Massage, und im Winter gehe ich Turnen. Ich hab drei Bandscheibenvorfälle gehabt, und für die Gesundheit muss man etwas tun.

Vor drei Wochen musste ich mir eine neue Therme kaufen. Die hat 6500 Euro gekostet. Das ist ein Batzen Geld, aber ich habe gewusst, dass diese Ausgabe auf mich zukommt, und habe darauf hingespart. Vor vier Jahren hab ich mir ein neues Auto gekauft, auch dafür hab ich lange gespart. Jetzt werde ich es wieder verkaufen, weil ich ja einen Dienstwagen habe. Das Geld kann ich mir wieder auf die Seite legen.

Geld rausgeschmissen

Ich hab schon harte Zeiten gehabt, mein Ex hat es mit den Alimenten nicht so ernst genommen. Er hat das Geld rausgeschmissen und alle anderen leben lassen – das passiert mir nicht mehr. Ich will nie wieder kein Geld haben. Das hab ich schon hinter mir, dass die Bank angerufen hat und gesagt hat: ‚Wir können dir kein Geld mehr geben.‘

Ich geniere mich nicht, dass ich putzen gehe. Die Reinigung ist eigentlich ein ganz wichtiger Teil. Geben wir die Reinigung weg, würden viele im Dreck ersticken. Leider wird das manchmal nicht so geschätzt, und wir sind in der Hierarchie ganz unten. Viele Mitarbeiterinnen, die zu uns kommen, haben vorher nicht einmal sieben Euro in der Stunde bekommen. Bei uns kriegen sie 9,08 brutto, das ist schon okay. Es würde sich aber auch keine beklagen, wenn sie mehr bekommen würde.

Geänderte Aufgaben

In unserem Team bin ich die einzige Vollzeitkraft, durch die Ausgliederung haben sich auch unsere Aufgaben geändert. Fürs Fensterputzen, Vorhängewaschen oder Bödeneinlassen kommen jetzt andere Firmen. Dadurch ist meine Arbeit körperlich nicht mehr so anstrengend. Ich habe 13 Mitarbeiterinnen – wir sind ein gut eingespieltes Team.

Der Umstieg in die Leitungsfunktion ist mir aber nicht leichtgefallen. Wie erstelle ich einen Dienstplan? Wie kann ich auf die Wünsche meiner Mitarbeiter gut eingehen? Welche Unterstützung brauchen sie von mir? Nach sechs Wochen hab ich an der ersten Weiterbildung teilgenommen und hab die Unterstützung bekommen, die ich gebraucht habe. Mittlerweile mache ich Besprechungen ganz routiniert. Und jetzt kann ich sagen: Es geht mir gut. (Gudrun Ostermann, 27.8.2019)

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