Dies & Das: Den Ursachen des Föhns auf der Spur

Wissenschaft Forschung Spezial

METEOROLOGIE

PORTRÄT Steffen Arora

25. Jänner 2017

Den Ursachen des Föhns auf der Spur

Obwohl ihn jeder kennt, stellt er die Wissenschaft bis heute vor Rätsel: der warme, trockene Fallwind namens Föhn. Der Innsbrucker Meteorologe Alexander Gohm will das ändern

Innsbruck – Sein Forschungsobjekt bereitet vielen Menschen Kopfschmerzen. Der Meteorologe Alexander Gohm untersucht den berüchtigten Fallwind, der hierzulande gemeinhin Föhn genannt wird. Wobei der 43-Jährige die englische Bezeichnung „downslope windstorm“ bevorzugt: „Weil die keinen Namen gibt. Dieser Begriff ist breiter und umfasst den Föhn in den Alpen ebenso wie die Bora in Südosteuropa.“ Denn derartiger Fallwind ist ein weltweites Phänomen. In Nordamerika wird er Chinook genannt, Nor’wester in Neuseeland.

Obwohl die trockene Luftströmung überall dort auftritt, wo es Gebirge gibt, ist über die Entstehung und den Zusammenbruch von Föhn bislang nur sehr wenig bekannt. Genau das will Gohm erforschen. Die körperlichen Auswirkungen des Windes interessieren ihn weniger: „Obwohl auch die bis heute nicht gänzlich erwiesen sind.“

Vorhersagen verbessern

Mit seinem Team widmet sich der Föhnexperte der Grundlagenforschung. Ziel ist es, die Vorhersagen präziser zu machen. Denn noch stehe die Forschung „ziemlich am Anfang“, was die Eigenschaften dieser atmosphärischen Turbulenz in komplexer Topografie angehe: „Weil die Vorhersagemodelle, mit denen bislang gearbeitet wird, diese Prozesse so behandeln, als würden sie über einer Ebene ablaufen.“ Doch im Gebirge und eben den Tälern führen diese Berechnungen in der Folge zu falschen Ergebnissen.

Am vergangenen Freitag wurde der Meteorologe mit dem Forschungsförderungspreis der Weiss-Wissenschaftsstiftung ausgezeichnet. Dieser wird jährlich alternierend in den Gebieten Anästhesie und Meteorologie vergeben, da die Stifter, das Ehepaar Gottfried und Vera Weiss, selbst als Wissenschafter in diesen Bereichen tätig waren. Die mit 360.000 Euro dotierte Auszeichnung wird vom Wissenschaftsfonds FWF abgewickelt, der Gohm schon als Doktorand unterstützt hat. Der Forscher will das Geld nutzen, um den Ursachen für Durch- und Zusammenbruch von Föhn auf die Spur zu kommen. Dazu wird er an die mehr als 100 Jahre alte Forschungstradition, die in Tirol auf diesem Gebiet besteht, anknüpfen.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts versuchte der Innsbrucker Meteorologe Heinrich von Ficker mit waghalsigen Ballonfahrten über der Nordkette zu ergründen, warum der Föhn in die Täler absteigt. Gohm wird bei einem großangelegten Feldversuch im kommenden Herbst ein Forschungsflugzeug sowie Doppler-Wind-Lidare, das sind Laser-basierte Messinstrumente, einsetzen, um das Rätsel um den Föhn endlich zu lösen.

Die Erkenntnisse aus dieser Forschung dienen einerseits dazu, bessere Vorhersagen zur Luftqualität treffen zu können. Darüber hinaus hat die Flugsicherheit großes Interesse an Gohms Ergebnissen, da Föhn nach wie vor ein großes Problem für den Luftverkehr darstellt und verlässliche Prognosen bisher fehlen. „Wir hoffen, am Ende die Prognosequalität von numerischen Wettervorhersagemodellen über komplexem Gelände zu verbessern“, fasst der Wissenschafter das Ziel seiner Arbeit zusammen.

Dass er überhaupt noch in Tirol forscht, darf man als Glücksfall für seine Innsbrucker Alma Mater bezeichnen. Im Jahr 2003 promovierte der gebürtige Vorarlberger mit einer Arbeit über die Dynamiken des Südföhns. Kurz darauf erreichte ihn ein „erstklassiges Angebot“ der ETH Zürich, wo er in der Forschungsgruppe des Klimatologen Christoph Schär hätte mitarbeiten können. Das damalige Rektorat in Innsbruck gab ihm zu verstehen, er solle ruhig nach Zürich gehen. Gohm blieb dennoch in Tirol: „Das war eine gemeinsame Entscheidung meiner Lebensgefährtin und mir.“

Er bereut diese Entscheidung nicht. Im Gegenteil, mittlerweile wurde das Institut, an dem er tätig ist, ausgebaut, die Universität unterstützt ihn nach Kräften. Mit dem Weiss-Forschungspreis hat er nun auch die finanziellen Mittel, seine Arbeit in den nächsten drei Jahren ungestört fortführen zu können. (Steffen Arora, 25.1.2017)

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