Dies & Das: Schere zwischen Arm und Reich geht weltweit weiter auf

Schere zwischen Arm und Reich geht weltweit weiter auf

Laut Oxfam ist der Wohlstand insbesondere zwischen Frauen und Männern ungleich verteilt. Frauen leisten pro Tag zwölf Milliarden Stunden unbezahlte Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit

Pflege von Angehörigen ist klassische unbezahlte Frauenarbeit und fördert die Ungleichheit in der Gesellschaft. Foto: imago images / Westend61

Davos – Der Unterschied zwischen Arm und Reich in der Welt ist laut der Hilfsorganisation Oxfam dramatisch hoch, die Schere geht weiter auseinander. Auch die Vermögenskonzentration an der Spitze habe im vergangenen Jahr zugenommen, betonte die Organisation bei der Präsentation ihres Ungleichheitsberichts „Time to Care“ vor Beginn der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Die britische Nichtregierungsorganisation beruft sich dabei unter anderem auf Daten der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, wonach das Vermögen der 500 reichsten Menschen im Vorjahr um ein Viertel gestiegen ist. Insbesondere zwischen Frauen und Männern ist der Wohlstand ungleich verteilt. Das Vermögen der Männer ist demnach um 50 Prozent höher als jenes der Frauen. Die 2.153 reichsten Menschen kontrollierten im Vorjahr mehr Geldvermögen als die 4,6 Milliarden Ärmsten zusammen.

Kindergärten und soziale Absicherung

Oxfam fordert, mehr in öffentliche Kinderbetreuung und soziale Absicherung in armen Ländern zu investieren sowie weltweit Frauenrechte und -organisationen zu stärken. Auf der ganzen Welt müssten zudem Konzerne und Menschen mit sehr großem Vermögen einen fairen Anteil zum Allgemeinwohl beitragen.

Die Klimakrise erschwert das Leben ganz konkret: Wege zum Wasser werden in Entwicklungsländern oft länger. Foto: AFP / Diptendu Dutta

Eine Ursache der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist die von Frauen geleistete Arbeit – etwa Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder Sorge für den Haushalt. „Frauen und Mädchen leisten den Löwenanteil unbezahlter Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit – weltweit pro Tag weit mehr als 12,5 Milliarden Stunden.“ Das entspreche einem Gegenwert von mehr als 10,8 Billionen Dollar (9,9 Billionen Euro) pro Jahr, wenn diese mit dem Mindestlohn bezahlt würden – dreimal so viel wie die Tech-Industrie. Für Frauen stelle diese unbezahlte Arbeit häufig eine Armutsfalle dar.

Unsichtbarer Motor

„Die unbezahlte Arbeit der Frauen ist der unsichtbare Motor unserer Wirtschaft“, sagt der Geschäftsführer von Oxfam India, Amitabh Behar. „Das müssen wir ändern.“ Der Einfluss sogenannter Care-Arbeit auf Einkommen, Vermögen, Bildungschancen und Armutsgefährdung erfahre im Zusammenhang mit Ungleichheit zu wenig Aufmerksamkeit, sagt Ellen Ehmke, Analystin für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. „Wir sollten den Wert dessen anerkennen.“

„Der direkte Zusammenhang zwischen Vermögensungleichheit und Care ist, dass Frauen viel weniger Vermögen aufbauen können über ihr Leben, weil sie einen Großteil ihrer Arbeit in unbezahlter Pflege und Fürsorge leisten“, sagt Ehmke. In ländlichen Gebieten ärmerer Länder verbringen Frauen täglich bis zu 14 Stunden mit Pflege- und Fürsorgearbeit. „Auch Mädchen müssen dabei häufig mithelfen.“ Die Klimakrise verschärft die Situation – weil etwa Wege zu Wasserstellen deutlich länger werden oder der Anbau von Gemüse schwieriger wird.

Auch in reicheren Ländern verschärft die vornehmlich von Frauen geleistete Fürsorgearbeit die Ungleichheiten im Wohlstand. Solange es nicht ausreichend öffentlichen Angebote gebe etwa für Kinderbetreuung, könnten in Familien mit hohem Einkommen beide Eltern viel früher wieder arbeiten gehen als in Familien mit niedrigerem Einkommen. Dadurch werde die Ungleichheit zwischen Haushalten noch weiter vertieft. (dpa, Reuters, red, 20.1.2020)

Zu den jährlichen Oxfam-Berichten gibt es häufig Kritik, hier der Artikel zu dem Thema aus dem Vorjahr:

Ungleiche Welt: Werden die Ärmsten wirklich ärmer?

Zum Oxfam-Bericht

Das sagen die Anderen…