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Thema Wasser & Ökosysteme…#15

18.8.2021 Moderation: Barbara Zeithammer 115,2 Meter über Adria – die große Verdunstung? Audio-Dauer: 55,36 Minuten „Wir bewegen uns auf den niedrigsten Pegeln seit 1965“, sagt Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft Burgenland: 115,2 Meter über Adria ist der mittlere Wasserstand des Neusiedler Sees derzeit. 25 Zentimeter fehlen auf den Durchschnitt. Seit Mitte März 2021 geht der Pegel kontinuierlich bergab, seit Juni fällt die Wasserstandsganglinie schneller. Wer mag, kann sich beim „Was serportal“ direkt ein Bild davon machen – und von anderen Gewässern im Seewinkel. Historische Negativrekorde meldete dieser Tage der Zicksee mit einem Wasserstand von nur noch 25 bis 30 Zentimeter. Die meisten Lacken in der Region sind längst ausgetrocknet. Im Laufe der Jahrhunderte schwankte der Wasserstand des Neusiedler Sees beträchtlich: Der See war mehrmals vollständig ausgetrocknet, zuletzt zwischen 1865 und 1871. Ist das also ein natürlicher Vorgang? Seit Anfang des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder Pläne, den Neusiedler See trocken zu legen – die Landwirtschaft war durch die überraschenden Überflutungen gefährdet. Das mutet mit Blick auf aktuelle Fotos und Pläne ironisch an. Seit Jahren wird das Gegenteil diskutiert, nämlich die Einleitung von Wasser aus umliegenden Gewässern, vor allem einem Donau-Altarm in Ungarn. In Folge des Klimawandels, heißt es, verdunstet deutlich mehr Wasser. Doch welche Rolle spielt dabei die Landwirtschaft? 2020 wurde eigens eine „Task Force“ eingerichtet, die Möglichkeiten prüft, Wasser in den Neusiedler See und die Region Seewinkel zu führen – unter Leitung von Christian Sailer. Doch wäre das ökologisch überhaupt sinnvoll? Zur klimatischen Wasserbilanz und zu Klimaszenarien u.a. im Seewinkel forscht der Agrarmeteorologe Prof. Josef Eitzinger von der Wiener Universität für Bodenkultur. Er ist spezialisiert auf den Einfluss der Klimakrise auf die Landwirtschaft und hat bereits Anfang 2000 mehrere Forschungsprojekte über die Auswirkungen einer Klimaänderung auf den Neusiedler See geleitet. Dabei ging es auch um die Frage, welche Randbedingungen zu einer Austrocknung des Sees führen könnten. Der See gerät auch auf andere Weise unter Druck: In Ungarn wird ein gigantisches Bauprojekt umgesetzt, das den Tourismus ankurbeln soll. Als Zeichen des Protests drohte die UNESCO Anfang Juni damit, die Region Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel, die seit 2001 Welterbe ist, auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten zu setzen. Auch zahlreiche österreichische Bauprojekte wurden kritisiert. Wohin verschwindet das Wasser des Sees, wo kommt es her und welche Rolle spielen dabei Sonne, Wind und Schilf, Weingärten und Landwirtschaft? Was weiß man über Verbindungen zum Grundwasser und was lässt sich von den Erfahrungen am Zicksee, der seit Jahren mit Grundwasser gespeist wird, lernen? Was lässt sich über die Zukunft des Sees sagen und ist es in Zeiten der Klimakrise überhaupt möglich, einen See dieser Größe zu „erhalten“? Josef Eitzinger und Christian Sailer sind Gäste bei Barbara Zeithammer und die Hörer*innen von Punkt eins sind wie immer herzlich eingeladen, an der Diskussion teilzunehmen: Teilen Sie mit uns Ihre Eindrücke und Erfahrungen: als Anrainerin und Tourist, Wirtin und Campingwart, als Bootsbesitzerin und Surfer. Sie erreichen uns unter punkteins(at)orf.at Sendereihe Punkt eins

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