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Dies & Das: Die globale Erwärmung ist schneller als die Evolution

Verlorenes Wettrennen 1.Februar 2021 Die globale Erwärmung ist schneller als die Evolution Ein Experiment nährt die Befürchtung, dass viele Arten sich nicht rechtzeitig an die geänderten Temperaturbedingungen anpassen können Vor 56 Millionen Jahren brachte eine drastische Erwärmung die Biosphäre der Erde in heftige Turbulenzen. Bei dem als Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum (PETM) bekannten Klimaereignis kletterten die globalen Durchschnittstemperaturen binnen weniger Jahrtausende um sechs Grad Celsius nach oben: von ohnehin schon tropischen 18 auf 24 Grad Celsius. In der Hochphase dieser kurzen supertropischen Ära war das Meer am Äquator im Schnitt nur sechs Grad Celsius wärmer als am Nordpol – heute sind es (noch) 22 Grad Celsius. Wer sich nicht anpasste, starb aus Eine Menge Tiergruppen und Populationen starben in der Folge aus, doch insgesamt gelang es auch zahlreichen Klassen, sich dauerhaft auf die neuen Umweltbedingungen einzustellen. Oder anders gesagt: Die verbleibende Fauna evolvierte schnell genug, um mit den Umweltveränderungen durch die steigenden Temperaturen Schritt halten zu können. Video: Folgen und Ursachen des Paläozän/Eozän-Temperaturmaximums – und was das für uns heute bedeutet. PBS Eons Aus dem Lot geraten war das Klimasystem wegen gewaltiger Mengen an Kohlenstoff und Methan, die über mehrere Tausend Jahre in die Atmosphäre und Ozeane gelangten, vermutlich durch großflächigen Vulkanismus. Zu Spitzenzeiten wurden damals gut 0,88 Gigatonnen Kohlenstoffequivalent pro Jahr in die Luft geblasen – aktuell sind es 37 Gigatonnen Kohlenstoffequivalent. Ob die heutige Tier- und Pflanzenwelt auch damit längerfristig zurande kommt, erscheint zumindest fraglich. Viele Indizien deuten eher auf einen radikalen Artenwechsel hin – ein einschneidendes Massenaussterben. Fischiges Evolutionsexperiment Um herauszufinden, ob tropische Süßwasserfische stellvertretend für andere Arten vielleicht doch die Kurve kriegen könnten, hat nun ein Team um Rachael Morgan und Fredrik Jutfelt von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU) ein spannendes Langzeitexperiment mit einem Fisch durchgeführt: Sie ließen die Evolutionsrate von Zebrabärblingen (Danio rerio) und die Klimaerwärmung gleichsam in einen Rennen gegeneinander antreten. „Es war das bislang größte künstliche Evolutionsexperiment, das an Wirbeltieren mit Schwerpunkt auf Hitzetoleranz durchgeführt wurde“, sagt Jutfelt. Die Gruppe setze Zebrafische aus der freier Wildbahn den Bedingungen extremer Warmzeiten aus, wie sie schon aktuell auftreten. Mithilfe künstlicher Selektion wollten die Forscher herausfinden, ob sich zumindest einige der insgesamt über 20.000 beobachteten Individuen im Verlauf von sechs Generationen mit den neuen Verhältnissen arrangieren würden. „Wir beobachteten dabei, dass einige Zebrafischlinien tatsächlich eine gewisse Hitzetoleranz entwickeln konnten. Das wären prinzipiell gute Nachrichten“, meint Jutfelt. „Allerdings nicht schnell genug: Unsere künstliche Evolution erhöhte die Hitzetoleranz der Fische nur um 0,04 Grad Celsius pro Generation. Dies ist deutlich langsamer als das Erwärmungstempo, das man an vielen Orten beobachtet.“ Morgan und ihre Kollegen gehen im Fachjournal „Pnas“ davon, dass die Evolutionsrate unter den Laborbedingungen noch deutlich höher liegt als jene in der Natur. Hinzu kommt ein weiterer problematischer Befund: Jene Fische, die gut mit den schlimmsten Hitzeperioden fertig werden, kommen mit langfristigeren Erwärmungen deutlich schlechter zurecht. Fazit: Die beteiligten Wissenschafter stellen daher den Zebrafischen oder vergleichbaren tropischen Fischarten angesichts der aktuellen Temperaturentwicklung eine schlechte Prognose aus. Keine Hilfe von der Natur Vor 56 Millionen Jahren war es übrigens vor allem die Biosphäre selbst gewesen, die die hohen Temperaturen der Paläozän/Eozän-Anomalie nach 20.000 Jahren wieder auf ein niedrigeres Niveau brachte. Die enorme Steigerung der biologischen Produktivität verlagerte den Kohlenstoff allmählich in die Tiefsee und die Treibhausgase verschwanden nach und nach aus der Atmosphäre. Aktuell geht die Entwicklung freilich in die Gegenrichtung: In den vergangenen 12.000 Jahren ist die Biosphäre des Planeten von ursprünglich etwa zwei Teratonnen (2.000 Milliarden Tonnen) auf den Wert von rund einer Teratonne halbiert worden. (tberg, 1.2.2021) Abstract: Pnas: „Low potential for evolutionary rescue from climate change in a tropical fish.“ Link: NTNU: Global warming is faster than evolution Nachlese: Vergangenheit zeigt: Anstieg der Meerestemperaturen kann drastisch ausfallen Alles Künstliche überwiegt erstmals die Gesamtheit des Lebens auf der Erde Was den Klimawandel vor 56 Millionen Jahren auslöste Kometeneinschlag könnte urzeitlichen Klimawandel ausgelöst haben Als das Klima erstmals kippte

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