Kurz-Biograf kritisiert Kurz für Aussagen über Seenotrettung
„Bild“-Redakteur Paul Ronzheimer erwidert dem Altkanzler über die Onlineausgabe des Boulavardblatts: „Das Problem sind NICHT die Seenotretter“
8. Juli 2019, 12:12
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Der Biograf von Sebastian Kurz (ÖVP), „Bild“-Redakteur Paul Ronzheimer, geht in der Onlineausgabe der deutschen Boulevardzeitung deutlich auf Distanz zu den jüngsten Aussagen des österreichischen Altkanzlers: „Es klingt so einfach, so klar, so logisch, was Sebastian Kurz in der ‚Welt am Sonntag‘ formuliert hat“, schreibt Ronzheimer dort in Anspielung darauf, dass Kurz am Wochenende gemeint hatte: „Wenn wir sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht wird in sein Herkunftsland oder in ein Transitland, werden wir die illegale Migration stoppen, das Geschäft der Schlepper zerstören – und das Wichtigste: das Ertrinken im Mittelmeer endlich beenden.“
Ronzheimers Replik darauf: „Kurz sagt das schon seit Jahren – und ignoriert dabei völlig, was in Libyen, dem Land, aus dem sich immer noch Zehntausende pro Jahr auf den Weg nach Europa machen, passiert. Am Dienstag hatten zwei Luftangriffe ein Flüchtlingslager im Osten der Hauptstadt Tripolis getroffen. Mindestens 53 Menschen starben. Die Regierung machte General Haftar für den Angriff verantwortlich.“
Absurde Argumente
Er selbst sei als Reporter in den vergangenen Jahren mehrfach in Libyen gewesen. Es brauche „keine Luftangriffe, um zu erkennen, in welch schlimmer Lage die Flüchtlinge dort sind. Selbst die offiziellen, die ‚guten‘ Internierungslager sind in einem dramatischen Zustand: Flüchtlinge sitzen dort eingepfercht wie Tiere, es gibt keine Toiletten, zu wenig Wasser, Krankheiten breiten sich aus.“ Noch dramatischer sei das, was Flüchtlinge bei Schleppern erleben: „Gewalt, Vergewaltigungen, sogar Sklaverei findet statt.“
Wenn Kurz und andere in der EU es ernst meinten, so Ronzheimer, „dann müssten sie für Frieden, für Rechtsstaatlichkeit in Libyen sorgen – und das geht im Zweifel nur mit UN-Truppen. Aber solange Europa sich raushält, schmutzige Deals mit Warlords eingeht, ist die Kritik an privaten Seenotrettern zynisch. Nicht die Freiwilligen, die Menschen vor dem Ertrinken retten, sind das Problem, sondern die, die ihnen in Libyen und anderswo Gewalt antun.“
Das Argument, die Seenotretter würden Flüchtlinge erst motivieren, auf Boote zu gehen, hält Ronzheimer für „absurd. Wenn ich mit Menschen in Libyen spreche, dann wollen sie nur eins: raus aus dem Land! Sie haben schon so viel erlebt, dass ihnen das Risiko auf dem Meer noch als das geringste Übel erscheint.“
Das Fazit des Kurz-Biografen lautet: „Die platten Debatten zur Seenotrettung wiederholen sich seit Jahren. Aber es gibt für die Flüchtlingskrise keine einfache Lösung, wenn wir nicht unsere Werte verraten wollen.“ (red, 8.7.2019)
Ausschnitt aus der Rede des Friedensnobelpreisträgers Denis Mukwege,
der über die Probleme rohstoffreicher Entwicklungsländer und die Ausbeutung seines Heimatlandes, der Demokratischen Republik Kongo, spricht. von 10. Dezember 2018 in Oslo