Schönborn fordert auf, Menschen aus Lesbos aufzunehmen
„Wir können nicht alles Leid der Welt lösen.“ Das weiß auch Christoph Schönborn, aber er fügt mahnend hinzu: „Das Klopfen der Herbergssuchenden sollten wir nicht überhören.“ Der Kardinal nahm damit am Freitag vorweg, was viele Christinnen und Christen in der Weihnachtspredigt ihres Pfarrers wohl auch zu hören bekommen werden: Den tausenden Migranten auf der griechischen Insel Lesbos müsse geholfen werden. Schönborn: „Die Menschen in diesen Lagern haben fast immer dramatische Fluchtwege hinter sich. Die Hoffnung auf eine menschenwürdige Zukunft hält sie aufrecht.“
Anlässlich des Internationalen Tages der Migranten am Freitag verwies der Kardinal in einem Gastkommentar für Kathpress und das Gratisblatt Heute auf einen Vor-Ort-Bericht des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler: Dieser beschrieb die Zustände im Lager Kara Tepe als „erschütternd und katastrophal“.
Die niederösterreichischen SPÖ-Politiker Franz Schnabl (Landeshauptmannstellvertreter) und Reinhard Hundsmüller (Klubobmann) nahmen Schönborns Appell auf: „Holen wir die Kinder raus. Niederösterreich könnte 100 davon sofort aufnehmen.“ Der seit Monaten wiederholte Appell von Politikern, Künstlern und Prominenten, zumindest die Kinder aus diesen Lagern zu holen, wurde von der österreichischen Bundesregierung bisher aber stets ignoriert oder zumindest zurückgewiesen: Effizienter diene man diesen Menschen mit „Hilfe vor Ort“, hieß es ein ums andere Mal – und man schickte Zelte, später auch Heizgeräte.
Für viele Helfer und Aktivisten, die sich in den vergangenen Wochen persönlich ein Bild von der Lage machten, sind das aber allesamt unzureichende Maßnahmen – auch wenn zurzeit intensiv an der Verbesserung der Infrastruktur in Kara Tepe gearbeitet wird.
Auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat bleibt bei seinem Appell: „Jeder einzelne Aufnahmeplatz kann das Leben eines schutzbedürftigen Menschen grundlegend verändern“, so Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich, der auf mehrere EU-Staaten – vor allem auf Deutschland – verweist, die bereits 2000 Menschen aufgenommen haben. 19.000 Menschen werden Weihnachten dennoch in Zelten verbringen müssen. (Gianluca Wallisch, 18.12.2020)